Grosser Auftritt vor zu wenig Publikum
Was für verheerende Folgen die Corona-Pandemie für Kulturschaffende hat war auch am letzten Samstagabend in der Kirche St. Peter in Waldenburg ganz offensichtlich.
Die Opernsängerin Anna Herbst-Dmitrenko sang mit vollem Herzen vor sozusagen leeren Reihen – knapp 30 Personen waren zugegen. Diese Tatsache stimmte schon sehr traurig, legte die ausgebildete Vokalistin Anna Herbst, daselbst Präsidentin des Kulturclubs «Kirschgarten» Waldenburg alles in die Waagschale.
In memoriam Maria Callas – die Diva starb 54-jährig in Paris am 16.September 1977 – präsentierte Anna Herbst nämlich einen Gesangsabend mit anspruchsvollen Arien aus der Opernwelt, von italienischer Barockmusik (Caccini, Scarlatti, Paisiello) bis hin zum Höhepunkt von Vincenzo Bellini’s herzzerreissender «Casta Diva» – gesangstechnisch eines der schwierigsten Werke für die menschliche Stimme. Für Herbst ist Callas die Opernikone des 20. Jahrhunderts, ja mehr noch die Hohepriesterin des klassischen Gesangs. Sodann verwunderte es nicht, dass ein berührend schöner Gedenkaltar mit Kerzenleuchter und Rosen die Bühne zierte. Und Herbst mit raumfüllendem, mehrheitlich dramatischen Sopran zu begeistern vermochte, begleitet vom virtuosen Spiel an der Orgel durch Oksana Pislegina von der Musikakademie Basel.
Neunjährige Elisaveta entzückt
Von der Hochschule Luzern überzeugte der junge Cellist Grigorii Zhikin mit der berühmten Aria in D-dur von J. S. Bach und dem Stück «Aprés un rêve» – ein Leckerbissen des französischen Komponisten Gabriel Fauré (1845–1924).
Aufgelockert wurde der Abend durch Darbietungen junger Sopranistinnen des Vokalensembles «The Funny Girls», also den lustigen Mädchen aus Reinach mit russischer Muttersprache. Sie sind Preisträger des Wettbewerbes «Festival de la Voix 2019» in Frankreich, bewegen sich auf vielseitigem Terrain des Gesangs: Klassik, Musicals, Volkslieder – letzteres sogar in Schweizerdeutsch. Unterrichtet werden sie von Anne Herbst selber, ist sie auch noch ausgebildete Gesangspädagogin.
In «Mädchenwunsch» von Chopin und im Volkslied «S’isch mer alles ei Ding» steht die neunjährige, äusserst filigrane Elisaveta Lapushikina mit kindlicher Freude in hellblauen Tüllkleidchen auf der Bühne. Die Kleine entzückte mit entwaffnender Reinheit ihrer hellen Stimme und erntete besonders viel Applaus. Da musste man schon mal kräftig durchatmen und sogar eine Träne wegwischen.
Ob sie dereinst auf den grossen Bühnen singen wird, das steht allerdings noch in den Sternen geschrieben. Immerhin durfte Elisaveta schon ein Diplom an einem internationalen Wettbewerb empfangen.
Mehr öffentliches Entgegenkommen
Den Arien «Nel cor piu non mi sento» von Giovanni Paisiello (1740–1816) und «Vaga luna che inargenti» von Vincenzo Bellini (1801–1835) widmeten sich die etwas älteren Mädchen Aisha und Amina Muliukova – ebenfalls Sängerinnen der «Funny Girls». Fasziniert lauschte das spärliche Publikum auch hier der Feinheit des reinen Tons in den Solo-Darbietungen des Belcantos.
Das neapolitanische Lied «Santa Lucia» als Zugabe war schliesslich eine volle Punktlandung, auch optisch! Anna Herbst stand zusammen mit ihren Zöglingen auf der Bühne und gemeinsam zogen sie die Gäste in ihren Bann.
Letztendlich ein gelungener Abend, an dem die Künstler zweifelsohne ein bisschen mehr öffentliches Entgegenkommen verdient hätten.