Florian Schneider – der Geschichtenerzähler
Waldenburg Das Theater im Pfarrhauskeller startet endlich in die Saison
Nicht nur die Organisatoren freuen sich über den Wiederbeginn nach der langen Zwangspause. Vor allem die Künstler zeigten ihre Freude, weil sie endlich wieder auf der Bühne stehen und vor Publikum spielen dürfen. Dass die Besucherzahl auf 50 Personen beschränkt wurde, ist momentan noch Nebensache. Viel wichtiger ist, dass endlich wieder Bewegung in das kulturelle Leben kommt. Um die Abstandsvorschriften einhalten zu können wurde die Show in die Kirche verlegt. Die 174 Tage Pause sind für Florian Schneider wie ein Berufsverbot. Er freute sich deshalb «wahnsinnig, dass so viele Leute kamen». Mit seinen Liedern will er «den Hunger des Publikums auf Kultur stillen». Begleitet wurde der Sänger und Gitarrenspieler vom Geiger Adam Taubitz und Roman Bislin am Keyboard.
Schneider singt sich durch sein Leben – von früher Jugend bis heute. Immer wieder scheint man autobio-graphische Züge in seinen Texten zu erkennen. Seine Texte sind manchmal lustig, oft makaber, eindeutig zweideutig, aber auch Moritaten gehören zu seinem Repertoire. Er wagt sich auch an Texte des Minnesängers Walther von der Vogelweide, der vor 800 Jahren lebte. Da keine Melodien überliefert sind, schreibt sie Schneider selbst.
Seine kräftige und klare Stimme ging während er Zwangspause nicht verloren. Sie ist auch wichtig, um seine vertonten Geschichten zu verstehen zu können. Nach einem sanften instrumentalen Beginn wurde es mit dem «Finger am Abzug und 6 Kugeln im Lauf» auf einen Schlag kriminell. Danach führte die Reise weiter nach Istanbul, mit einem Schlangenbeschwörer-Intro des Geigers Taubitz.
Dann wechselte er zum Abenteuer des Waldenburgers, der mit seiner 500er-Honda in drei Minuten und zehn Sekunden auf dem Hauenstein war. «Aber nume am Vieri am Morge», sagt er schmunzelnd und singt danach «Heb Di Bäbi fescht an mir». Und jetzt noch ein Lied, das man eigentlich nicht mehr singen kann über die «WB s Tal uf» (WB = Waldenburger Bahn). Vor der Pause wechselte er ins frivole Fach zum dicken Bethli, das von keinem Knabenturner je vergessen wird.
Schneider führt mit seinen beiden Begleitmusikern durch ein abwechslungsreiches und hörenswertes Programm. Es wird nie langweilig und zwei Stunden vergehen, ohne dass man es merkt. Bezeichnenderweise heisst es «mundartig ungattig». Die Lieder sind auf seiner neusten CD «Schangsongs 4».
Gegen Ende sagt Schneider zum Stil der Lieder: «Mir hei ame chly e Hang zum Morbide und zu Moritate. Mir mache jetzt au e Moritat und die heisst Tschinderassa.»
Am Schluss verlässt er die Bühne, kehrt aber rasch zurück für die vom Publikum geforderte Zugabe. «Und jetz no es Abschiedslied. Mume no eis, denn heimers.» Florian Schneider geht nicht auf Distanz zum Publikum. Er will und braucht es. So verkauft er am Ausgang selbst seine CDs und schreibt auch persönliche Widmungen.
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