Trotz Last Minute eine Fasnacht mit Pfiff
Liestal Am Umzug wurde gefeiert, als ob das närrische Treiben bald wieder verboten würde
«Endlich wieder und jetzt erst recht!» Das frohlockten hunderte von aktiven Fasnächtlerinnen und Fasnächtlern als sie sich nach zweijähriger Zwangspause am vergangenen Sonntag im Stedtli ausgelassen tummelten und mit grossem Nachholbedarf zünftig auf den Putz gehauen haben. In der Szene war man sich allerdings lange nicht im Klaren, ob und wie die hin und her diskutierten Corona-Lockerungen schlussendlich umgesetzt würden. Tempi passati. Nach dem bundesrätlichen Okay gaben sowohl der Stadtrat wie auch das Fasnachtskomitee grünes Licht für ein nur noch geringfügig eingeschränktes Fasnachtsprogramm. Dieses hat Martin Klaus, Obmann des Fasnachtskomitees, dann vor rund drei Wochen den Vertretern der Cliquen präsentiert und viel Begeisterung ausgelöst, trotz dieser unüblichen Last Minute-Bewilligung.
Nach dem Motto «Jetzt wird in die Hände gespuckt» wurde vieles, was es für einen Umzug braucht, in kürzester Zeit aus dem Boden gestampft. Klar, die ganz grosse Kür war der Umzug 2022 nicht, da fehlten schlicht die kreativen Elemente wie etwa die prächtigen Laternen oder die wirklich aktuell inszenierten Themen. Aber das Resultat kann sich trotzdem sehen lassen. Als ob es Corona nie gegeben hätte, zogen da nämlich immerhin 65 Formationen mit viel Ramba-Zamba, musizierend und tanzend durchs Stedtli und haben in unterschiedlichster Art einfach wieder mal Luft abgelassen. «Richtige Fasnächtler lassen sich eben durch nichts unterkriegen», lobt Martin Klaus seine Schäfchen.
«Mir hei kei Plan»
So sehr die Post-Corona-Fasnacht herbeigesehnt wurde, so intensiv hatten die Aktiven dann in der Vorbereitung auf die Schnelle alle Register zu ziehen. Das ist nicht allen Gruppen gleich gut gelungen. Für griffige Sujets aus dem topaktuellen Tagesgeschehen hat’s den wenigsten gereicht. So mussten dann abgelutschte Themen wie etwa die» Patrouille Suisse» oder «Greta Thunberg» als aufgewärmte Sujets herhalten. Aktuell und mit Lokalkolorit hingegen die Wiederchäuer Clique, die von einem grossen Weinfass herab mit dem Sujet «Wald und Wy, das mues sy» die gescheiterte Zusammenarbeit Bürgergemeinde/Kellerei Siebe Dupf auf die Schippe nahm. Derweil machten die Rotstab Chlütteri, die alte Garde der lokalen Platzhirsche, auf der Suche nach einem pfiffigen Auftritt ihr Eingeständnis kurzerhand zum Sujet «Mir hei kei Plan». Die Rechtfertigung der im Charivari marschierenden Pfeifer und Tambouren: «In dene Zyte e Fasnacht z plane, isch eifach Bullshit, nundefahne!» Da standen ihnen punkto Eingeständnis die Tschamauche in nichts nach: «Du glaubsch es nit, au mir möche bi däm (scheiss)-Ökotrip mit.»
Die grosse Musik beziehungsweise den grossen Lärm haben an diesem prächtigen Sonntagnachmittag indes die vielen Guggen gemacht. Eindrücklich, wie die als Gladiatoren aufspielende 90-köpfige Gugge Latärnäschränzer akustisch alles platt gewalzt und der Menge zünftig eingeheizt haben. Etwas leisere Töne kamen da von den jungen Garden von Rotstab, TPC Bubendorf, Halbmond und Excalibur. Als Gesamtformation der Tambouren- und Pfeiferschule Region Liestal haben sie mit dem Sujet «Mir stönde zämmen yy» angedeutet, dass es ihn noch gibt, den Pfeifer- und Tambouren-Nachwuchs. Und so waren sich am Schluss alle einig: Trotz der aktuell bedrückenden politischen Lage hat die Fasnacht als Kulturgut eben auch ihre Berechtigung.