Die Matches für den richtigen Mix

Zentrum-Managerin Marion Ernst bringt Geschäfte und Immobilien-Besitzende zusammen

Marion Ernst, die neue Zentrum-Managerin von Liestal. Foto: M. Schaffner

Marion Ernst mag das Persönliche. Ihr gefällt es, wenn sich die Leute an einem Ort gegenseitig kennen, wenn sie einander helfen und wenn sie sich bewusst sind, dass sie zusammen viel erreichen können. Als sie im Januar ihre Stelle als neue Zentrum-Managerin in Liestal antrat, gab es für sie darum nur eines: möglichst schnell raus gehen und die Geschäfte besuchen.

«Ich bin sehr wohlwollend aufgenommen worden», stellt sie fest. Über 140 Geschäfte im Zentrum – wozu sie auch das Bahnhofsgebiet zählt – hat sie bereits besucht. Dass sie sich persönlich vorstelle, komme gut an und schaffe eine Vertrauensbasis. Die Botschaft, die sie vermitteln wolle, laute: «Ich will nicht nur reden, sondern die Ärmel nach hinten krempeln und mit euch zusammen etwas umsetzen.»

Die besuchten Geschäfte sind Teil einer Datenbank, die ziemlich umfassend abbildet, was die Altstadt und der weitere Perimeter rundherum an Erdgeschoss-Geschäften in den Bereichen Einkaufen, Coiffeur, Gesundheit und Dienstleitungen zu bieten hat. Über 240 Einträge sind erfasst und es kommen laufend neue dazu. Als interaktive Karte ist diese Sammlung auf der Website des Vereins Erlebniszentrum Liestal zu finden, bei dem Marion Ernst angestellt ist. 240 sei eine beeindruckende Zahl, findet die Zentrum-Managerin. Vielen Leuten sei gar nicht bewusst, wie gross das Angebot in Liestal sei.

Die Online-Karte dient natürlich nicht nur der Nabelschau, sondern richtet sich in erster Linie an Besucher/-innen und Tourist/-innen. In gedruckter Form könnte sie an Gäste abgegeben werden und Marion Ernst stellt sich vor, dass sie auch am Bahnhof aufgehängt wird, wo sie mittels QR-Codes potenzielle Mittagessen- oder Mode-Kunden ins Stedtli lockt.

Aufenthaltsqualität steigern, Leerstände verhindern

Die Ladenbesuche und die Datenbank/Karte sind eine erste, konkrete Aufgabe, mit der sich Marion Ernst beschäftigt. Aber was macht eigentlich eine Zentrum-Managerin sonst so?

Ein wesentliches Merkmal dieser Stelle ist, dass sie «neutral» ist, also weder direkt bei der Stadt angegliedert ist, noch ausschliesslich vom Gewerbe bezahlt wird. Die Vorgeschichte reicht bis ins letzte Jahrzehnt zurück: Nach Abschluss des Projekts «Liestal Stedtli 2020», damals mit Thomas Bretscher als Koordinator, rief der Stadtrat das Nachfolgeprojekt «Liestal Stedtli 2030» ins Leben – ein Teil davon ist ein dreijähriges Pilotprojekt für ein Zentrums-Management. Als Dachorganisation, um die verschiedenen Interessengruppen wie Detailhandel, Gastronomie, Dienstleistungen, Tourismus und Stadt zu verbinden, wurde 2024 der Verein Erlebniszentrum Liestal gegründet. In seinem Auftrag soll das Zentrums-Management zwei zentrale Aufgaben erfüllen: die Aufenthaltsqualität und Frequenzen steigern sowie Leerstände verhindern.

Wie bei Tinder: wenn Laden-konzepte und Flächen «matchen»

City-Manager kennt man bereits in verschiedenen Schweizer Städten, etwa in Luzern, Olten, Zofingen oder Rheinfelden. «Natürlich kann man es hier nicht machen wie in Luzern oder Rheinfelden, aber gewisse Punkte kann man aufnehmen», erklärt Marion Ernst. Auf keinen Fall wolle sie Liestal etwas überstülpen, sondern «spüren, was die Leute im Zentrum wollen». Dabei gelte es, allen Schnittstellen gerecht zu werden, von den Geschäften über die Verwaltung bis zu den Einwohner/-innen.

Ein wichtiger Partner sind die Immobilienbesitzenden. Hier gilt es eine Balance zu finden: Einerseits sollen leere Flächen im Stedtli möglichst schnell wieder belebt werden, andererseits sollten die Leerstände möglichst attraktiv gefüllt werden – Marion Ernst redet hier vom richtigen «Mix». Sie könne den Immobilienbesitzern zwar nichts vorschreiben, aber sie könne ihnen etwas ans Herz legen. Oft wollten sie die Flächen möglichst rasch vermieten, statt nach passenden Mietern Ausschau zu halten. Manche seien gar nicht aus Liestal und würden die Situation vor Ort gar nicht kennen. Hier sieht sich Marion Ernst in einer vermittelnden Rolle: «Ich gehe proaktiv auf Besitzer und Geschäfte zu und frage kreuz und quer, was brauche ihr, um her zu kommen.» Wie bei der Dating-App «Tinder» versucht sie so, die richtigen «Matches» zu finden. Wenn sie denkt, das etwas übereinstimmen könnte und es den Angebotmix erweitert, macht sie den Immobilienbesitzern einen Vorschlag. Das sei besser als einfach darauf zu warten, dass sich jemand melde.

Dabei gilt es auch, über die «klassischen» Konzepte hinaus zu denken, beispielsweise wenn eine Person eine Fläche von 30 Quadratmetern sucht, aber ein Besitzer 90 Quadratmeter zu vermieten hat. Eine Möglichkeit ist, dass sich zwei Geschäfte eine Fläche teilen – ein Paradebeispiel dafür stellen das Blumenatelier «Aufgeblüht» und das Coiffeurgeschäft «Hoormelodie» dar. In neuen Konzepten, «die man nicht im Internet findet», sieht Marion Ernst grosses Potenzial. «Es ist interessant, was es gibt und was man zusammenfügen kann.» In diesem Sinn sehe sie sich als Auffangbecken und als Vernetzerin.

Von der Floristin zur Hotel-Aufbauerin

Marion Ernst hat ursprünglich Floristin gelernt, aber schon damals «gross gedacht», wie sie erzählt. So war sie für die Hotelfloristik des Grandhotels Giessbach bei Brienz verantwortlich und betreute die Seiler-Gruppe in Zermatt. Später absolvierte sie die Hotelfachschule in Thun, machte ein Praktikum in Thailand und kam in die Betriebsleistung der Krone in Regensberg im Kanton Zürich. Nach einem Zwischenspiel als Eventmanagerin kam sie nach Basel zum Volkshaus, wo sie den Auftrag fasste, die Hotellerie aufzubauen.

Keine Wunschfee, aber viel Energie, um etwas umzusetzen

Liestal hat Marion Ernst immer als «charmante» und «herzige» Stadt mit Dorfcharakter wahrgenommen. Schnell habe sie aber gemerkt, dass es hier viele tolle Leute gebe, die bereit wären, etwas umzusetzen. Ein Projekt, das sie bereits anreissen konnte, ist etwa ein Gastrotreffen, analog zur schon bestehenden «Stedtligruppe».

Ein weiteres Projekt, das ansteht, ist ein «Onboarding» für Geschäfte, die frisch nach Liestal kommen. «Normalerweise wird nicht daran gedacht, sie herzlich willkommen zu heissen», erläutert Marion Ernst. Bei Gesprächen habe sie erfahren, dass die «Neuen» froh um Unterstützung wären, etwa in Form von Informationen zur Stadt, Veranstaltungen, Mitgliedschaften oder Ansprechpartner/-innen.

Darüber hinaus hat sie sich vorgenommen, ein offenes Ohr für Rückmeldungen zu haben, deshalb auch die «Wunschbox» auf der Website – «auch wenn ich keine Wunschfee bin». Sicher ist, dass ihr die Arbeit in den kommenden drei Jahren nicht ausgehen wird. Aber das sollte kein Problem sein: «Für mich ist wichtig, dass ich am Morgen Freude habe, aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, dann spielt es keine Rolle, wie lange oder wie viel ich arbeite. Dann habe ich immer Energie!»

www.erlebnis-liestal.ch

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