Mehr als Lottospiel und Sockenstricken

Liestal Das Alterszentrum Frenkenbündten bietet vielfältige Aktivitäten: das neuste Projekt ist ein Therapiegarten

Frau Eichenberger und Aktivierungstherapeutin Judith Wernli giessen den Mangold. Fotos: L. Huber

Frau Eichenberger und Aktivierungstherapeutin Judith Wernli giessen den Mangold. Fotos: L. Huber

Der Garten ist so gestaltet, dass die Senioren auch in Rollstühlen an die Hochbeete heranfahren können.

Der Garten ist so gestaltet, dass die Senioren auch in Rollstühlen an die Hochbeete heranfahren können.

Für betagte Naschkatzen: Das Alterszentrum Frenkenbündten in Liestal hat vorgestern seinen Therapiegarten eingeweiht. Angegliedert ist er an die Demenzabteilung, deren Bewohner sich hier dreimal die Woche zum Gärtnern treffen. Eine von ihnen ist Frau Eichenberger.

Sie probiert eine Johannisbeere, verzieht den Mund und meint, dass die aber noch ziemlich sauer wären. Dann hält sie Herrn Abt ihre Giesskanne hin. Der füllt mit dem Wasserschlauch und lehnt sich zurück, derweil Frau Zellweger das Kräuterbeet mit der Hacke jätet. «Wir docken damit an die Biografie unserer Bewohner an», erklärt Judith Wernli, die als Leiterin Aktivierung die körperlichen, geistigen und sozialen Ressourcen der Altersheimbewohner fördert.

Denn die meisten der Senioren hatten einst selbst einen Garten; in ihm finden sie sich zurecht, hier fühlen sie sich wohl. Andere, selbstredend, gewänne man nicht mit sieben Pferden für die Gartenarbeit.

Der Garten ist so angelegt, dass die Senioren auch in Rollstühlen an die Hochbeete heranfahren können, um zu giessen, jäten oder ernten. Einer der Pflanzkästen ist sogar mobil und liesse sich auch indoor beackern – eine Vorstellung, die Bernhard Fringeli zum Lächeln bringt. Der Heimleiter besuchte eigens die Gartenmesse «Giardina», um sich Inspiration zu holen, die Gestaltung des Gartens übernahm aber ein ausgebildeter «Therapiegärtner».

Bernhard Fringeli will seinen Bewohnern Vielfalt bieten, auch wenn böse Zungen behaupten, man schaffe lediglich Bedürfnisse, die Kosten verursachten. «Hier müssen wir Aufklärungsarbeit leisten, denn Ressourcenerhalt ist wirtschaftlich – und dieser Therapiegarten erhält die Ressourcen unserer Bewohner.» 140 leben übrigens im Frenkenbündten – «da müssen wir doch mehr bieten als Lottospiel und Sockenstricken!»

Der Therapiegarten ist ein eigentlicher Naschgarten, Peperoni gedeihen neben Gurken, Pfefferminze hinter Zitronenmelisse und Tomaten über Basilikum. Das Credo: Alles ist essbar, nichts giftig. Mit der Pfefferminze brüht Aktivierungsfachfrau Melanie Gessler regelmässig Tee. Dann reicht sie die Blätter herum, man reibt und riecht: Düfte wecken Erinnerungen. Darum spricht die Aktivierungstherapeutin auch von «Erinnerungspflege», der der Therapiegarten als Ganzes dient.

Natürlich wandert nicht die ganze Ernte direkt von der Hand in den Mund. Die Melonen, Kürbisse und Salatköpfe sind etwa für die Kochgruppe vorgesehen, in der fünf Senioren einmal die Woche die Kelle schwingen. Ob beim Kochen, beim gemeinsamen Einmachen oder bei der Gartenarbeit selbst: «Der Prozess ist wichtiger als das Ergebnis», betont Heimleiter Fringeli. Will heissen: Wenn nach dem Kartoffelschälen nur mehr Geschältes und kaum Kartoffeln übrig sind, dann ist das halt so.

Damit zur Finanzierung. Bezahlt wurde der Garten nicht aus Steuer- oder Betriebsmitteln, sondern durch eine Zuwendung des eigenen Fanclubs. «Jawohl: Wir haben unseren eigenen Fanclub», sagt ein augenzwinkernder Bernhard Fringeli, selbst stolzes Clubmitglied. Sein gewöhnungsbedürftiger Name: VURAL – Verein zur Unterstützung des Regionalen Altersheims Liestal.

So hiess das heutige «Frenkenbündten», als man 1976 die Planung des Alters- und Pflegeheims auf den Weg brachte. Der Verein diente der Gründung und der Mittelbeschaffung. Irgendwie überdauerte der VURAL bis heute – und zählt nach wie vor rund 800 Mitglieder, die jährlich eine zweckgebundene Spende sprechen. Ein Bewegungspark wurde so finanziert, ein sogenannter Snoezel-Raum, eine Senioren-Rikscha. 15000 Franken betrug die Zuwendung allein in diesem Jahr. Seit seiner Gründung vor 43 Jahren bedachte der Verein das Alterszentrum mit mehr als einer halben Million Franken – wofür es ziemlich viele Johannisbeeren gäbe. Das sind die eingangs erwähnten «Chrüseli».

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