Eine lange, bemerkenswerte Geschichte
Seltisberg Kinderheim «Auf Berg» feierte 100-Jahre-Jubiläum
Das Kinderheim «Auf Berg» in Seltisberg öffnete am letzten Samstag mit einem vielfältigen Angebot an Aktivitäten ihre Türen, um gemeinsam mit der Öffentlichkeit die Gründung des Kinderheims und eines Heims für ledige Mütter mit ihren Kindern im Jahre 1922 als Meilenstein in ihrer 100-jährigen Geschichte zu begehen. In jenem Jahr von Fräulein Josette Meyer aus Basel auf privater Basis errichtet und mit einer Pflegerinnenschule verbunden, blickt das Kinderheim nach zehn Dekaden auf eine lange und bewegte Vergangenheit zurück und präsentiert sich heute als eine moderne und professionelle Institution.
Am Morgen konnten Dr. Catherine Westenberg, Präsidentin des Katholischen Fürsorgevereins Baselland, als Trägerschaft und Christof Hiltmann, Verwaltungsratspräsident HABAG, in einem offiziellen Rahmen viele geladene Gäste und Politprominenz zur offiziellen Feier begrüssen. Mit Hinweis auf die grosse Verantwortung, welche die Institution für ihre Bewohnerinnen und Bewohner in einer belastenden Lebenssituation trägt, liess Hiltmann in seiner Rede verlauten, dass in diesem Sinne der Leitsatz in der täglichen Betreuung «So viel Normalität wie möglich» lautet. Als besonderer Gast konnte Catherine Westenberg die 100-jährige Ehrenpräsidentin Margrit Bennet begrüssen, welche die Geschicke des Vereins von 1965 bis 1995 geleitet hat.
Auf ihrem Lebensweg begleitet
Im Kinderheim werden Kleinkinder, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit verschiedenen Nationalitäten und an keine Religion oder Konfession gebunden auf ihrem Lebensweg begleitet, die aus sozialen Gründen – meist belastende Familienverhältnisse – oder wegen Auffälligkeiten in ihrem Verhalten nicht in ihren Herkunftsfamilien leben können. Die Kinder leben im Heim in vier alters- und geschlechtlich gemischten Gruppen zusammen und besuchen eine öffentliche Schule. Zurzeit wohnen 36 Kinder im Kinderheim. Maximal neun Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren wohnen in der Jugendvilla, welche örtlich am Kinderheim angegliedert ist. Die Jugendlichen und Jung-Erwachsene können bis zum Ende ihrer Lehrzeit beziehungsweise bis zum 25. Lebensalter im Heim beziehungsweise in betreuten eigenen Wohnungen verbleiben.
Professionelle Betreuung von Müttern und Kindern
Der heutige Gebäudekomplex besteht aus einem in traditioneller Bauweise erstellten Gebäudetrakt aus dem Jahr 1911, in dem die Jugendvilla untergebracht ist und mehreren mit einander verbunden Flachdachhäusern aus den Jahren 1970 bis 1974, in denen das Kinderheim beheimatet ist. 1929 erwarb der Schweizerische Katholische Fürsorgeverein das Heim mit etwa 20 Hektaren Umschwung und richtete es neu ein. 1935 übernahm bei seiner Gründung der Katholische Fürsorgeverein für Frauen, Mädchen und Kinder Baselland, der heutige Katholische Fürsorgeverein Baselland, als Trägerschaft das Heim. Dieser führte die Betreuung von ledigen Müttern mit ihren Kindern weiter. Die Übernahme bedeutete der Anfang einer erfolgreichen Entwicklung im Bereich der professionellen Betreuung von Müttern und ihren Kindern, die in eine schwierige Lebenssituation geraten waren. Eine Entwicklung, welche nach dem Auszug aus dem Gebäudetrakt im Jahr 2012 als Mutter-Kind-Haus «Belvedere» in Basel ihre Fortsetzung fand.
Durchgängigkeit auf allen Stufen
Ein Meilenstein war zweifellos die Gründung der Aktiengesellschaft «Heime Auf Berg AG» mit neuen Strukturen im Jahr 2011. Der Heimbetrieb wurde verselbstständigt und operativ von der Trägerschaft gelöst. Mit der Übernahme der operativen Leitung der Institutionen «Wegwarte» in Basel und «Wolfbrunnen» in Lausen im 2017 als nächster Meilenstein wurde ein fein verzweigtes Netz professioneller Hilfsangeboten in einer breit gefächerten Diversität gespannt, welches eine Durchgängigkeit auf allen Altersstufen ermöglicht. «Mit den unterschiedlichen Standbeinen als Dienstleistungen in Seltisberg, Basel und Lausen können wir mit hoher Flexibilität auf die individuellen Bedürfnisse unserer Kinder, Jugendlichen und Mütter mit ihren Kindern reagieren», sagt Gesamtleiter Thorsten Binus, der am Heim- Jubiläumstag mit seinen 20 Amtsjahren auch ein persönliches Jubiläum feiern konnte.
Grosses Nachhaltigkeitspotenzial
Sowohl die Gründung einer Aktiengesellschaft, als auch die Übernahme der beiden operativen Leitungen, waren für das Kinderheim mit seinen jetzt unterschiedlichen Standbeinen visionäre Schritte mit grossem Nachhaltigkeitspotenzial. Die stetig fortschreitende professionelle Entwicklung des Heims ist insbesondere in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren beeindruckend. Von ehemaliger Anstalt mit Platz für 24 Säuglinge und 20 Kinder bis zum dritten Altersjahr im Gründungsjahr zu einer Institution mit auf die heutigen Bedürfnisse der Klientele angepasste Form eines zeitgemässen und differenzierten sozialpädagogischen und sozial-psychologischen Hilfsangebots und dies für jede Altersstufe.
Weitere Formen der Hilfeleistung werden überdenkt
Die weitere Entwicklung der Institution tritt mit dem Jubiläum nicht auf der Stelle. Im Gegenteil. Bereits überlegt sich der Katholische Fürsorgeverein Baselland im Sinne einer Zukunftsvision nächste Schritte und macht sich dabei über weitere Formen von Hilfeleistungsangeboten für Familien mit Kindern Gedanken, wie Catherine Westenberg berichtet. «Idealerweise dort, wo die staatliche Hilfe aufhört oder nicht geboten wird.»
Der Jubiläumsnachmittag selber, welcher sehr gut besucht war, bot ein attraktives Programm mit Informationen über die verschiedenen Bereiche mit Führungen und spielerischen Attraktionen, wie Trampolin, Kinderschminken, Hüpfburg, Ballonecke und vieles mehr. Ein grosses und differenziertes kulinarisches Angebot sorgte für das leibliche Wohl.