Ein Schulmusical in besonderen Zeiten

Liestal Heimisches Publikum von Musicalaufführung begeistert

Nessarose (Sajana Sakeelan) spürt die Abneigung ihrer grossen Liebe Moq (Yanis Gaignat), der Gefühle für Glinda hegt.

Nessarose (Sajana Sakeelan) spürt die Abneigung ihrer grossen Liebe Moq (Yanis Gaignat), der Gefühle für Glinda hegt.

Madame Akaber (Chantal Mura) begrüsst die neuen Studentinnen und Studenten an ihrer Uni.  Fotos: Dominik Ostertag

Madame Akaber (Chantal Mura) begrüsst die neuen Studentinnen und Studenten an ihrer Uni. Fotos: Dominik Ostertag

Glinda (Giulia Covino, l.) und Elphaba (Annalea Wüthrich, r.) können sich zu Beginn der Geschichte nicht ausstehen.

Glinda (Giulia Covino, l.) und Elphaba (Annalea Wüthrich, r.) können sich zu Beginn der Geschichte nicht ausstehen.

Letzte Woche ging an der Sekundarschule Burg in Liestal der Broadway-Klassiker «Wicked» mit den Songs des US-amerikanischen Musical-Komponisten Stephen Schwartz über die Bühne und begeisterte das kleine, heimische Publikum.

Das Projekt

Im Rahmen einer klassenübergreifenden Produktion studierten rund fünfzig Schülerinnen und Schüler im Alter von 13 bis 16 Jahren das Broadway-Musical «Wicked» ein, erarbeiteten unter der Leitung von Annina Biedermann und Fabian von Dungen die unter Musicaldarstellenden als Königsdisziplin geltenden Songs wie «Defying Gravity», «For Good» und «Dancing Through Life», entwickelten Choreografien und designten Kostüme und Bühnenbilder, um die Zuschauerinnen und Zuschauer ins Zauberland Oz zu entführen. Was die Jugendlichen im Rahmen dieses Projekts geleistet haben, verdient grossen Respekt. Es braucht eine Menge Mut, Talent und Fleiss, vor einem Publikum auf die Bühne zu stehen, vollständig in eine Rolle zu schlüpfen, die anspruchsvolle Musik einzustudieren, auch hinter der Bühne Verantwortung zu übernehmen und in einem grossen Team die eigenen Stärken einzubringen. Und das alles in einer Zeit, in der wir alle auch im Alltag schon immer wieder auf die Probe gestellt werden. Chapeau!

Die adaptierte Story

Ganz Oz feiert den Tod Elphabas (Annalea Wüthrich), der vermeintlich bösen Hexe des Westens. Nur Glinda (Giulia Covino), die gute Hexe, versucht, Verständnis für Elphaba zu wecken, die seit ihrer Geburt aufgrund ihrer grünen Hautfarbe und ihrer magischen Fähigkeiten eine Aussenseiterin war, und erinnert sich, wie sie das grüne Mädchen an der Universität Shiz kennen gelernt hat.

Die Schuldirektorin Madame Akaber (Chantal Mura) erkennt durch Zufall Elphabas zauberisches Talent und eröffnet ihr eine grenzenlose Zukunft an der Seite des Zauberers von Oz (Sophie Leipner), wodurch Elphaba die Hoffnung auf baldigen Respekt der Gemeinschaft schöpft. Dr. Dillamonth (Janis Thommen), ein unterrichtender Ziegenbock, berichtet Elphaba, dass gegen die Tiere von Oz etwas Schlimmes im Gange ist und diese zum Schweigen gebracht werden sollen. Umso mehr ist Elphaba überzeugt davon, dass sie bei ihrem Besuch beim Zauberer etwas Gutes bewirken kann, denn dieser könne dem Unrecht gegen die Tiere bestimmt ein Ende bereiten. Unterstützt von ihrer Freundin Glinda besucht Elphaba den Zauberer – um feststellen zu müssen, dass dieser hinter der Verschwörung gegen die Tiere steckt. Sogleich sagt sie ihm den Kampf an und taucht unter.

Fiyero (Fara Moren Jefferies), Glindas vermeintlich Verlobter, der seit geraumer Zeit nur noch an Elphaba denken kann, verlässt Glinda, um gemeinsam mit Elphaba zu fliehen. Enttäuscht und verletzt schmiedet Glinda daraufhin Pläne, Elphaba dem Zauberer auszuliefern, und ködert sie mit deren Schwester Nessarose (Sajana Sakeelan). Madame Akaber – von der Schuldirektorin zur Pressereferentin des Zauberers aufgestiegen – befielt, Elphabas Schwester zu töten, um die geflohene Hexe in die Falle zu locken. Schockiert von der Skrupellosigkeit der Machthaber jagt Glinda diese gekonnt fort und ermöglicht Elphaba und Fiyero dadurch die Flucht. Es bleibt bis zum Ende unklar, ob Glinda weiss, dass ihre Freunde wohlauf sind.

Hochkarätige Besetzung

Broadway-Qualität konnte letzte Woche ausnahmsweise nicht nur in New York erlebt werden – auch der Liestaler Cast brillierte. Die Rolle der Elphaba wurde mit Annalea Wüthrich durch einen aufsteigenden Stern am Musicalhimmel besetzt. Sie begeisterte durch ihr unglaubliches Stimmvolumen und ihre absolute Stimmkontrolle. Jeder Ton sass genau dort, wo sie ihn haben wollte. Auch überaus auffrischende Songinterpretationen gehören zum Markenzeichen der 14-jährigen Lupsingerin. Die anspruchsvolle Figur der sich von der hochnäsigen Tussi zur wertschätzenden Freundin wandelnden Glinda war mit Giulia Covino bestens besetzt. Die junge Liestalerin verkörpert in ihrem echten Leben zwar das komplette Gegenteil der anfänglich unsympathischen und überheblichen Glinda, spielte die Rolle auf der Bühne jedoch auf den Punkt gebracht und verlieh Glinda eine kräftige und warme Stimme. Die dritte Hauptdarstellerin im Bunde – Fara Moren Jefferies – meisterte die Herausforderung, sich als Frau in den männlichen Charakter des Fiyero hineinzudenken, mit Bravour. Mit ihrer souligen Stimme und dem einen oder anderen Augenzwinkern spielte sie den Uni-Casanova, als wäre diese Rolle für sie geschrieben.

Auch unter den Schauspielerinnen und Schauspielern befanden sich grosse Talente. Chantal Mura, die bei der Musicalproduktion nach eigener Aussage ihre «Leidenschaft für das Spielen eines bösen Charakters» entdeckte, nahm mit ihrer aussergewöhnlichen Auftrittspräsenz die Bühne ab der ersten Sekunde ein – ganz nach dem Motto «the stage is mine». Ergänzt wurde das Schauspielensemble unter anderem durch Sophie Leipner, die das Dilemma zwischen Machtgier und Einsamkeit des «Zauberers von Oz» so überzeugend interpretierte, dass das Publikum zum Nachdenken angeregt wurde, und Sajana Sakeelan, die Elphabas jüngere Schwester Nessarose spielte und die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer mit ihrem einfachen Wunsch nach Liebe und Geborgenheit für sich gewann. Auflockerung in die von gesellschaftlich kritischen Themen dominierte Geschichte brachte Yanis Gaignat, der den Charakter des tollpatschigen und unbeholfenen Moq sehr humorvoll zum Besten gab und dem Publikum dadurch immer wieder Lacher entlockte. Durch die pointierte Verkörperung des Uni-Professors Dr. Dillamonth zeigte Janis Thommen die Tragik der ganzen Geschichte packend auf.

Im Bandgraben traf die Crème de la Crème der Liestaler Musikszene zusammen. Annique Jauslin und Silas Moor führten am Schlagzeug gekonnt durch die metrisch und rhythmisch anspruchsvollen Songs. Colin Schmidlin an der E-Gitarre bereicherte die Rhythm-Section mit virtuosen Soli. Am Cello – und musikalisch teilweise beinahe in der Rolle eines E-Bassisten – legte Nathan Ostertag einen warmen Klangboden, auf dem das musikalische Bandgerüst aufbauen konnte. Auch die Bläser Silas Hallwyler (Saxofon), Nils Pachlatko (Eufonium) und Arno Feigenwinter (Bariton) sowie die Violinistin Angelika Sperisen und der Vibrafonist Silas Mairitsch trugen den Bandklang massgeblich mit.

Ein rundum erfolgreiches Kapitel in der Musicalgeschichte der Sekundarschule Burg, das durch die Mithilfe der Tontechniker Sven Rüegger und Florian Heiler sowie die Filmproduzenten Alain Höfler und Valentin Sträuli mitgetragen wurde.

Fabian von Dungen, Sekundarschule Liestal

Weitere Artikel zu «Region Liestal», die sie interessieren könnten

Region Liestal20.11.2024

«Brasszination» 2024

Lausen Grosse Veränderungen im ehemaligen Musikverein  
Region Liestal20.11.2024

Vor dem Vergessenwerden bewahren

Liestal Dritte Ausgabe Art Liestal im Hanro-Areal  
Region Liestal20.11.2024

Ein Wunder berührender Klangkunst

Liestal Eröffnung der Saison vom Verein Stimmen zu Gast mit «Lamaraviglia»