Ein neuer Lebensraum entsteht

Bubendorf Der lichte Wald im Gebiet «Häuli» bietet ideale Bedingungen für seltene Tier- und Pflanzenarten  

Helmknabenkraut. Foto: Tabea Haupt

Helmknabenkraut. Foto: Tabea Haupt

Nährstoffarmer Boden und ein Mosaik aus Licht und Schatten: das Ökosystem «lichter Wald».Foto: Thomas Zumbrunn

Nährstoffarmer Boden und ein Mosaik aus Licht und Schatten: das Ökosystem «lichter Wald».Foto: Thomas Zumbrunn

Der gefährdete Gelbringfalter oder einheimische Orchideen wie das Helm-Knabenkraut lieben sogenannte «lichte Wälder», in denen die Bäume weit auseinander stehen und die Sonne auf den Boden scheint. Auch Heuschreckenarten und Reptilien wie Zauneidechsen oder Schlingnattern halten sich gern dort auf, und der Grünspecht nutzt lichte Wälder, um nach Ameisen zu jagen.

Früher waren lichtdurchflutete Wälder häufiger als heute. Sie entstanden, weil die Menschen ihr Vieh zum Weiden in die Wälder trieben. Schweine, Rinder, Ziehen und Schafe frassen den Unterwuchs ab, sodass keine jungen Bäume mehr nachwachsen konnten, um die Lücken im Kronendach des Waldes zu schliessen. Zudem wurden Laub und Äste eingesammelt und als Einstreu und Brennholz genutzt – so erhielt der Boden weniger Nährstoffe, was einerseits optimale Bedingungen für Orchideen schafft, andererseits dazu führt, dass die Bäume langsamer wachsen.

Lichte Wälder entstehen auch auf natürliche Weise, beispielsweise wenn sie durch Stürme oder den Borkenkäfer ausgelichtet werden. Meistens wächst der Baumbestand jedoch schnell wieder nach und die Wälder werden wieder dunkel. Lichte Wälder müssen also ständig bewirtschaftet werden, wenn sie erhalten bleiben sollen. Mit dem Forstgesetz von 1902 war damit Schluss: Die Beweidung wurde verboten, weil mittlerweile viele Wälder übernutzt waren und der Baumbestand zu überaltern drohte.

Erst vor einigen Jahrzehnten wurden aus ökologischen Gründen in der Schweiz wieder lichte Wälder geschaffen. Im Baselbiet beispielsweise in Oberdorf, Seltisberg, Waldenburg oder Langenbruck. In Ziefen hat Revierförster Balz Recher vor etwa zehn Jahren ein Waldstück ausgelichtet – mit dem Resultat, dass dort nun über 15 Orchideenarten zu beobachten sind.

Neues Projekt von Pro Natura

Lichte Föhrenwälder zeichnen sich durch ein besonderes Erscheinungsbild aus: «Sie strahlen ein wunderschönes, aber auch ruhevolles Waldbild aus und vermitteln einem das Gefühl von Freiheit und Sinnlichkeit», schwärmt Balz Recher. Zusammen mit Pro Natura Baselland hat er letztes Jahr ein weiteres Projekt lanciert und im Gebiet «Häuli» in Bubendorf einen lichten Föhrenwald eingerichtet. Über die Hälfte der Bäume wurde entfernt, nur langsam wachsende Arten wie Föhren, Mehlbeeren und Eichen durften stehen bleiben. Auf dem stark besonnten Waldboden entwickelte sich eine Grasschicht aus Pfeifengras, und auch seltene, einheimische Orchideenarten fühlen sich dort wohl. Letztere benötigen zwar nicht den lichten Wald an sich, aber den nährstoffarmen Boden.

Für solche Projekte werden in der Regel Gebiete ausgewählt, die bereits nährstoffarm sind. Die Waldbesitzer, in diesem Fall die Bürgergemeinde Bubendorf, stellen sie meistens unentgeltlich zur Verfügung, weil sie aus wirtschaftlicher Sicht weniger attraktiv sind, weil das Holz dort nicht in derselben Qualität wächst wie anderswo. Sehr «produktive» Standorte wären für einen lichten Wald gar nicht geeignet, erklärt Tabea Haupt von Pro Natura: «Der Aufwand für die Nachpflege wäre wahrscheinlich enorm gross, wenn die jungen Bäume und Sträucher aus dem Boden schiessen würden.»

So oder so gibt es viel Arbeit zu erledigen: Zur langfristige Pflege gehört mindestens ein jährliches Mähen im Herbst, nach der Blütezeit der Orchideen. Je nachdem müssen unerwünschte Pflanzen, beispielsweise Neophyten, auch von Hand ausgerissen werden. Zum Problem kann auch die Waldrebe werden. Zu ihrer Bekämpfung hat Balz Recher eine eigene Gruppe von Helfenden auf die Beine gestellt.

Die langfristige Pflege des lichten Föhrenwaldes im Gebiet «Häuli» wird über die Abteilung Natur und Landschaft des Kantons Baselland gesichert, für die Bürgergemeinde entstehen keine Kosten. Das Errichten des lichten Waldes und die ersten vier Projektjahre wurden von mehreren Geldgebern finanziert: Neben Pro Natura sind das die Hermann und Elisabeth Walder-Bachmann, die Sophie und Karl Binding Stiftung, die Fondation de bienfaisance Jeanne Lovioz sowie die Natur- und Landschaftsschutzkommission des Kanton Basellands.

Wertvoll für Artenvielfalt im Klimawandel

Tabea Haupt weist darauf hin, dass lichte Wälder besonders im Hinblick auf den Klimawandel sehr wertvoll sind, da sie mosaikartig schattige und auch sehr sonnige Bereiche bieten: «So finden Tiere kleinräumig unterschiedliche Bedingungen vor und können je nach Trockenheit und Hitze entsprechend reagieren.» In den lichten Wäldern herrsche ein «spannendes» Waldbinnenklima, geprägt von ausgeglicheneren Temperaturen, geringerer Lichtintensität und höherer Luftfeuchtigkeit als auf dem Offenland.

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