«Meine Pflicht, diese Truppen zu dokumentieren»
Enormes Detailwissen Thomas Frauchiger hat in zwei Büchern die regionale Militärgeschichte erforscht
Die Wurzeln der Familie Frauchiger liegen in Eriswil im Emmental, doch die direkten Vorfahren von Thomas Frauchiger stammen aus Waldenburg. «Mein Grossvater kam nach Waldenburg und kaufte den Hof Hintere Blümlisalp. Mein Vater wurde Grenzbeamter und lebte seit seiner Pensionierung mit meiner Mutter im Stedtli, im Areisli 17.» Thomas Frauchiger wuchs in Riehen auf und studierte Wirtschafts- und Politikwissenschaften. Über zehn Jahre war er bei der Roche tätig, ehe er in den Dienst des Kantons Basel-Stadt eintrat. Zunächst wurde er Generalsekretär des Baudepartements, dann wechselte er in gleicher Funktion zum Justiz- und Polizeidepartements Basel-Stadt, wo er auch den Posten des Kreiskommandanten übernahm. In seine Amtszeit fiel unter anderem die Zusammenlegung von Militär und Zivilschutz, woraus später mit der Feuerwehr und der Sanität die Rettung Basel-Stadt wurde.
In der Coronazeit begann der heute 72-Jährige mit Recherchen zu einem Buch der Basler Miliz. Zusammen mit seinem Freund Niklaus «Niggi» Starck aus Breitenbach vertiefe er sich in die Militärgeschichte der Region Basel. Recherchieren erwies sich in dieser Zeit als sehr mühsam: «Immer wieder waren das Bundes- und das Staatsarchiv geschlossen, so dass wir nur von zu Hause aus arbeiten konnten.»
Enorm viel Detailwissen steckt in diesem Buch, das weit mehr ist als ein Nischenwerk. Von den ersten Söldnern des Bischofs im 14. Jahrhundert bis zu den jüngsten Ereignissen in der heutigen Armee liefern Frauchiger und Starck eine grosse Fülle an Zahlen, Daten und Fakten. «Ich empfand es als meine Pflicht, diese Truppen zu dokumentieren», beschreibt Frauchiger die Motivation zur jahrelangen Arbeit. Das reich bebilderte Werk dient damit einer breiten Leserschaft zur Orientierung rund um das Militärwesen. Auch der Magen kommt nicht zu kurz, ist doch tatsächlich auch das Rezept für Käseschnitten abgedruckt: Einmal ist es in seiner originalen Fassung gemäss dem Armee-Reglement 60.006 d, und einmal gemäss «zivilen baslerischen Essgewohnheiten».
Langes Suchen nach dem Fotostandort
Ein Bild beschäftigte Frauchiger lange. Es zeigt das Stadtkommando 1939 auf einer Treppe, dahinter sind hohe Fenster sichtbar. Niemand wusste, wo diese Aufnahme entstanden ist. «Etwa dreiviertel Jahre haben wir nach dem Fotostandort gesucht.» Plötzlich bekam Frauchiger einen Tipp: Das sei das Höflein hinter der ehemaligen Gewerbeschule auf der Lyss! Flugs wurde die Lokalität überprüft und siehe da: Die Fensterbögen stimmten exakt, nur die Treppe ist heute verschwunden. Frauchiger ist zufrieden: «Es war ein schönes Erlebnis, das wir auch dieses Rätsel aufklären konnten.»
Miniaturen über Oberste
Als Nachfolgeprojekt nahmen sich die beiden Autoren ein biografisches Lexikon vor: Sie trugen über 340 Lebensläufe der Oberste beider Basel zusammen, die in unterschiedlichen Formationen gedient haben, angefangen von den Standestruppen 1804 bis zum Territorialregiment 2003. Im Juni 2024 erschien ihr Buch «Die Obersten der Milizen beider Basel», ebenfalls im Porzio-Verlag wie das Stänzler-Buch (der Verlagsname stammt von der Ehefrau von Niklaus Starck, die ledig so hiess). Über 340 Kurzbiografien liefern Hintergründe zu den einzelnen Personen, die teilweise noch leben, grösstenteils jedoch bereits verstorben sind. «Nur jemand wollte nicht im Buch erscheinen», berichtet Frauchiger, «das haben wir natürlich respektiert.» In mühevoller Sucharbeit haben die beiden Autoren damit ein Standard-Nachschlagewerk geschaffen. Die meisten der alphabetisch geordneten Artikel sind mit einem Portraitfoto versehen. Etliche Biografien sind erstmalig erfasst. Die Autoren haben damit Forschungslücken geschlossen und wertvolle historische Angaben für weitere Studien aufbereitet.
Zu den Büchern
Niklaus Starck, Thomas Frauchiger: Die Obersten der Milizen beider Basel in Miniaturen. Porzio-Verlag, Breitenbach 2024, ca. 70 Franken
Niklaus Starck, Thomas Frauchiger: d’Stänzler und die Stadtbasler Miliz – Ein Rückblick auf die Basler Militärgeschichte, Porzio-Verlag, Breitenbach 2022, ca. 60 Franken
Die Bücher sind im Buchhandel erhältlich oder direkt beim Verlag: info@porzio.ch
Zwei Obersten aus Waldenburg
Im Band sind auch zwei Obersten aus Waldenburg beschrieben: Hermann Straumann (1862–1948) und sein Sohn Peter Straumann (1901–1959). Ein Foto zwischen den beiden Einträgen zeigt Peter Straumann im Gespräch mit Henri Guisan, der 1943 die «Revue Thommen» besuchte. Vater Hermann war als Arzt bei den Sanitätstruppen eingeteilt. Von 1906 bis 1910 war er Divisionsarzt der 5. Division, im Ersten Weltkrieg Kommandant der Etappen-Sanitäts-Anstalt und danach Territorial-Chefarzt und Stellvertreter des Oberfeldarztes. Ein weiterer Sohn, Roland (1899–1999) führte die Landarzt-Praxis bis in die 1990er-Jahre, war zudem Politiker und Verwaltungsratspräsident verschiedener Firmen.
Peter Straumann stand im Ruf, ein «draufgängerischer Offizier» zu sein. Als Autorennfahrer und Sportpilot unternahm er waghalsige Aktionen, unter anderem soll er unter der Mittleren Brücke in Basel durchgeflogen sein. 1953–1954 nahm er an der «Korea-Mission» teil, wo sich die Schweiz für den Austausch von Kriegsgefangenen einsetzte. Er starb 1959 in Celerina GR.