Das Waldenburgerli in Osteuropa
Waldenburgerbahn Historische Fahrzeuge befinden sich heute in Rumänien, Slowakei und Tschechien
Sie prägten das Erscheinungsbild des Waldenburgertals während über drei Jahrzehnten: Die crème-roten Pendelzüge der Waldenburgerbahn. Auch die grünen Personenwagen des Nostalgie-Dampfzugs habe sich in der Erinnerung eingeprägt, wie auch bei älteren Zeitgenossen die grauen Güterwagen.
Eine Reise von A. N. K. Tours (Liestal) folgte vor zwei Wochen den WB-Fahrzeugen, die nach Osteuropa gelangt sind. Ein erstes Wiedersehen mit dem altvertrauten Rollmaterial erlebte die 33-köpfigen Gruppe, sicher chauffiert von Hanspeter Niklaus und Hansjörg Gysin, im Dorf Cierny Balog in der Slowakei. Im April 2021 traten die sieben Trieb- und zehn Steuerwagen ihre Reise über Rhein und Donau zur «Ciernohronská železnica» (auf Deutsch Schwarzgranbahn) an. Früher wurde Holz mit Dampf- und Dieselloks aus den waldreichen Tälern zu einem Umladepunkt der Slowakischen Staatsbahn transportiert. Heute führen Lastwagen die Stämme weg, die Bahn hat rein touristischen Charakter. Dampfzüge führen durch ein schönes, wenig besiedeltes Tal.
Strecke soll elektrifiziert werden
Aleš Bílek hat jedoch grössere Pläne. Der Betriebsleiter möchte die Strecke, mit der Zweiglinie zu einem Freilichtmuseum, modernisieren und sogar elektrifizieren. Fünf Millionen Euro benötige er für die Gleissanierung, dieselbe Summe zusätzlich für Fahrleitung und Strom. Ihm schwebt eine Pendlerbahn vor, weshalb er auch sämtliche WB-Kompositionen erworben hat. Etwa tausend Fahrgäste pro Tag sollen damit fahren. Derzeit deutet jedoch nichts auf dieses erhoffte Passagiervolumen hin. Der unterste Streckenabschnitt durch eine Schlucht ist wegen schlechter Schwellen derzeit gesperrt. Die gesamte Infrastruktur müsste grundlegend erneuert werden, um einen Fahrbetrieb zum Staatsbahn-Bahnhof überhaupt aufnehmen zu können.
Fahrbar ist einzig die Komposition mit Triebwagen BDe 4/4 12 («Oberdorf», jetzt «Ciery Balog») mit den Steuerwagen Bt 112 und Bt 113. Im Steuerwagen 112 wurde im hinteren Teil ein Dieselmotor mit Generator eingebaut, der den Strom in den Triebwagen speist. Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 30km/h rumpelt der Zug über die holprigen Gleise. In seinem Innern befinden sich noch immer die gleichen Sitze, die Verbote des TNW und die Box von 20 Minuten sind unverändert am selben Ort und sogar der Haltwunschknopf funktioniert: «Hält an» erscheint rot. Den gut abgedichteten Dieselmotor hört man kaum.
Die restliche WB-Flotte steht derweil auf drei Abstellgleisen in Hronec ungeschützt im Freien. Auch der Triebwagen 13 «Hölstein», bekam ein neues Wappen, er heisst jetzt «Hronec». Die Spuren der Witterung zeigen sich bereits mit Moosbewuchs an der Frontseite. Hier wäre ein Dach, noch besser eine Halle, dringend nötig, um weitere Zerfallserscheinungen aufzuhalten.
Salonwagen in Rumänien
Sechs Jahre sind vergangen, seitdem im Oktober 2018 eine Garnitur von historischen Personen- und Güterwagen aus Waldenburg wegtransportiert wurde. Der Verein Ostgleis erwarb unter anderem die beiden vierachsigen Personenwagen B 50 und B 51, die am Nostalgie-Dampfzug mitfuhren, dazu den in Bubendorf beim Spielplatz aufgestellten B 49, zwei kleine K-Güterwagen und den Salonwagen As 24, mit seinem Chassis von 1881 das älteste WB-Fahrzeug überhaupt. Während der B 50 und B 51 derzeit in Tschechien auf ein neues Einsatzgebiet warten, verkehren die anderen Fahrzeuge heute auf der Harbachtalbahn bei Sibiu in Rumänien.
Die ursprünglich 109 lange Strecke von Sibiu (Hermannstadt) nach Sighisoara (Schässburg), wird heute als Touristenbahn auf einem Teilstück von sieben Kilometern Länge zwischen Cornatel und Hosman betrieben. Auf der «Wusch», wie die Strecke auch genannt wird, fanden der B 49, wieder in grün lackiert, der Salonwagen und die beiden zweiachsigen Güterwagen eine neue Heimat. Für Mihai Blotor, Präsident des Vereins Asociatia Prietenii Mocanitei (Verein Freunde der Schmalspurbahn), ist besonders der Salonwagen ein Prunkstück: «Wir sind sehr stolz auf diesen Wagen.» Liebevoll wurde der vom Liestaler Maler Hugo Hersberger angebrachte Schriftzug «Liestal Waldenburg» in derselben Schattenschrift mit dem rumänischen Vereinsnamen ergänzt. Auch steht bei den Fussbrettern auf beiden Seiten, diagonal versetzt, immer noch «Martheli», als Ehrung für Martha Rickenbacher, der Gattin des Dampflokpioniers Markus Rickenbacher. Im Wageninnern ist die Liste der Spendengemeinden ebenso intakt wie der Druck eines kolorierten Stichs, der das Beck’sche Haus und Schloss Waldenburg zeigt. Auch sind alle Hocker noch vollzählig vorhanden, nur die weissen Häkeldeckchen lagen bei der Besichtigung nicht mehr auf den Tischen. Eine kurze Vergnügungsfahrt mit einer Diesellok erfreute die Reisegruppe, die in Erinnerungen schwelgte. «Weisch no …», hörte man mehr als einmal sagen.
Dreissig Jahre später in Rumänien
Im B 49 wurde ein Ofen eingebaut, um auch im Winter fahren zu können. Behelfsmässige montierte Ikea-Lampen ersetzen die defekte Deckenbeleuchtung. Ein Mitglied der Reisegruppe berichtete, wie er auf dem Spielplatz in Bubendorf die Klapptische und Abfallkübel montiere, die aus einem SBB-Leichtstahlwagen stammten. Staunend sinnierte der ehemalige Lehrer: «Schon unglaublich, jetzt sitze ich dreissig Jahre später wieder im selben Wagen und fahre durch Rumänien.»
Die Reise führte auch zur Pöstlingbergbahn bei Linz, zur Wassertalbahn in den Karpaten und zur Werkstätte von Georg Hocevar in Cornatel, der mit grossem Engagement alte Eisenbahnfahrzeuge restauriert und auch eine eigene Dampfbahn betreibt. Während der Reise berichtete der Verfasser von historischen Entwicklungen, unterstützt unter anderem von Autor Thomas Schweizer, Kulturwissenschaftler Dominik Wunderlin und Valentin Büchli, Vorstandsmitglied der Remise Talhaus. Thomas Schweizer berichtete als letzter noch lebender Ehrengast der Elektrifizierungsfeier vom 25. Oktober 1953, wie er mit dem Spezialbillett seines Göttis mit dem letzten Dampfzug nach Liestal und mit dem ersten elektrischen Zug nach Waldenburg fuhr. Eine A. N. K-Reise im Herbst 2025 möchte nebst den Elektrowagen in der Slowakei auch die beiden WB-Veteranen in der Tschechei und Zahnradbahnen beider Länder besuchen. Ein Reiseprogramm ist bei A. N. K. Tours in Vorbereitung.