Stell dir vor, es ist Tag der offenen Tür, und …
Liestal Das Kulturhaus Palazzo hatte – kurz bevor ganz Schluss war – alle Türen geöffnet
Das Licht im Palazzo ist nun für eine ganze Weile aus. Danach wird so oder so nichts mehr gleich sein. Darüber kann man nur spekulieren. Und man kann in Erinnerung rufen, was war. Vielleicht wird man bereuen, dass man die kulturellen Einrichtungen im Stedtli so selten benutzt hat. Wie zum Trotz vor dem Kommenden, hat das Palazzo zum «Tag der offenen Türe» geladen, man hätte noch kommen können. Die verschachtelte Struktur strahlt dabei etwas Heimeliges aus. Nichts ist zu gross für diesen ehemals prachtvollen Palast der Post.
Das fast familiäre Kino Sputnik im Untergeschoss zeigte in einer Non-Stop-Schlaufe die Oscar-nominierten Kurzfilme 2020 im Kinosaal mit dem 60er-Jahre-Groove. Die Kunsthalle hatte im Programm «Kunst erfahren – mit Workshops und Führungen in der Ausstellung Intense Impressions» angeboten, auch hier fast gähnende Leere. Und im Theater Palazzo übte öffentlich das Ensemble Operadieschen «Monsieur Choufleuri restera chez lui le…» (Herr Blumenkohl gibt sich die Ehre…), eine kleine Operette von Jacques Offenbach, die es am selben Abend auch aufführte. Die offene Kreativwerkstatt für die ganze Familie mit Olivia Jenni in der Kunsthalle lockte ausser der Familie der Leiterin niemanden an. Deren Kinder hatten trotzdem viel Spass in den leeren Hallen, in denen die Kunst hing, die ihr Papi, der künftige Kunsthalle-Leiter Michael Babic, in Kurzführungen den Interessierten zeigen wollte. Da auch hier niemand kam, erhielt der Schreiber eine vertiefte Einführung in die von Kitty Schaertlin kuratierte Ausstellung. Präsentiert wurde ein weites Spektrum von impressiver figurativer Kunst aus der Region, meist Malerei, aber auch Grafik.
Die öffentliche Probe des Ensembles Operadieschen gab einen Einblick in die hochkonzentrierte Arbeit eines freien Ensembles. Gabriela Glaus (Sopran), Julia Zeier (Mezzosopran), Timothy Löw (Tenor), Maxence Douez (Tenor), Tobias Wurmehl (Bassbariton), Sandra Hamburger (Klavier) und Christian Kipper (Regie) meisterten die kleine Operette mit Bravour. Mal sangen sie ihre Rollen voll aus, manchmal markierten sie nur.
Es ging aber hauptsächlich um eine Stellprobe, denn das freie Ensemble findet ja immer wieder neue Konstellationen auf den Bühnen vor. Sie hatten nicht nur die Texte und die Musik frei im Kopf, auch die vorhergehenden Örtlichkeiten: «Spielen wir das spiegelverkehrt oder wie in St.Gallen?». Nach fünfviertel Stunden hatte man nicht nur einen Einblick in die Operette, sondern auch in die Knochenarbeit eines jungen freien Ensembles, das neben seiner Professionalität auch immer noch viel Spass durchscheinen liess.