Romane, die vom Schweigen leben
Liestal Doppel-Lesung mit Rebekka Salm und René Frauchiger in der Kantonsbibliothek
«Schuld und Sühne auf dem Dorfe – die Schweiz hat eine neue Erzählerin.» So das Kompliment des bekannten Schweizer Autors Capus über das Erstlingswerk der Mitbewohnerin seiner Stadt Olten. Er ist sozusagen der Götti des Buches, hat sie sehr unterstützt dabei und sogar den Titel «Die Dinge beim Namen», ausgesucht.
Rebekka Salm ist zwar gebürtige Liestalerin (1979) und in Bubendorf aufgewachsen. Nein, es sei nicht Bubendorf, das sie beschreibe in ihrem Roman. Aber die Ähnlichkeit ist recht gross, auch wenn die Geschichten über das Dorfleben frei erfunden sind. Es geht um ein düsteres Ereignis anlässlich eines Unterhaltungsabends des Musikvereins1984, das von Zeugen beobachtet wird, die aber nicht einschreiten. Es wird jahrelang darüber getuschelt. Einer der Beobachter möchte diese Geschichte Jahre später veröffentlichen und wird deshalb zusammengeschlagen. Der «Frieden» im Dorf könnte gestört werden. Wie unterschiedlich verschiedene Bewohner/-innen, denen die Autorin jedem ein Kapitel widmet, ihre Rolle im Dorf erleben, beschreibt sie in einer bewundernswert beobachtenden, kritischen und doch liebevoll humorvollen Art. Man sieht diese Menschen förmlich vor sich. Die scheinbare Dorfidylle mit Glück, Rissen und Abgründen, oberflächlicher Gemeinsam-, aber doch oft Einsamkeit.
Gemeinsamkeiten
Warum die Doppel-Lesung? Was haben die beiden Autoren gemeinsam? René Frauchiger, geboren in Madiswil (1981) und wohnhaft in Basel, hat zwar mit «Ameisen fällt das Sprechen schwer» bereits sein zweites Buch veröffentlicht. Sie trafen sich im Verlag Knapp. Beide haben zuerst eine Lehre gemacht und anschliessend studiert. Beide sind auf dem Land und wohnen jetzt in der Stadt und haben je eine Tochter. Dem Publikum in der KBL fiel die üppige Haartracht der beiden auf, deren Wildheit vielleicht auf die blühende Fantasie schliessen lässt. In beiden Büchern geht es darum, dass die direkte und ehrliche Kommunikation nicht möglich ist, die das Leben der Protagonisten einfacher machen würde. Schweigen statt darüber sprechen. Aber gleichzeitig leben die beiden Romane davon. Frauchigers Peter Haller hat das Gedächtnis plötzlich verloren, was er eines Tages als Pendler im Zug auf dem Heimweg realisiert. Bis er seinen Namen und seine Adresse herausfindet, bangt das Publikum mit und wie er sich durchschlägt, privat bei seiner Partnerin und an der Arbeitsstelle ist bewundernswert. Er gibt nämlich seinen Verlust niemandem bekannt. Auch hier gibt es neben den beklemmenden Situationen auch Gelegenheit zum Schmunzeln.
Nach der kurzen Einführung von Cédric Lutz stellten sich die Autoren gegenseitig auf lebendige und kurzweilige Weise vor.