Liestal als Cleantech-Hotspot
Wirtschaft Das «cleantechLAB» fördert Start-ups im Bereich Nachhaltigkeit
Immer mehr Unternehmen sind bestrebt, Überlegungen zu Nachhaltigkeit und Ökologie in ihr Geschäftsmodell einfliessen zu lassen. «Das geht durch alle Branchen», beobachtet Sandrine Straub. Sie ist Projektmanagerin bei der Fankhauser Arealentwicklungen AG und Verantwortliche für das «cleantechLAB» in Liestal. Die Idee hinter dem neuen Angebot ist altbekannt, aber spezifisch auf Cleantech-Firmen zugeschnitten: Start-ups können einen Coworking-Space benutzen, profitieren von Netzwerken und werden von Mentor/-innen und Expert/-innen begleitet und beraten.
Der Standort, das Geschäftshaus Tenum an der Grammetstrasse in Liestal, könnte nicht besser gewählt sein. Im Lauf der letzten 30 Jahre hat sich unter diesem Dach einiges an Erfahrung akkumuliert, gerade im Bereich Umwelt und Coworking. Richtungsweisend ist auch, dass das «cleantechLAB» eine Kollaboration eines Planungsbüros – Fankhauser – mit einer Start-up-Förderung ist, der Startup Academy, die ihren Sitz, wie könnte es anders sein, im Tenum hat.
Alle Partner bringen ihre Expertise und ihr Netzwerk mit. So hat die Fankhauser Arealentwicklungen AG unter anderem das «NetworkLAB Life Science» in Muttenz initiiert und baut in Arlesheim das Industrie-4.0-Grossprojekt «Uptown Basel». Geschäftsführer Hans-Jörg Fankhauser hat vor allem die gut ausgebildete Generation Y im Blick: «Wir Älteren denken, sie sind verrückt, aber wir wollen ihnen eine Chance geben, in Ruhe ihre Ideen zu entwickeln.»
Die Startup Academy ist ihrerseits vor einem Jahrzehnt in Basel entstanden und betreibt mittlerweile sieben Standorte in der Schweiz, bis Ende Jahr sogar neun. Moritz Kistenmacher, Geschäftsleiter der Startup Academy Liestal, sieht im «cleantechLAB» grosses Potenzial: «Nachhaltige Geschäftsideen kommen immer mehr, gerade von jungen Gründerinnen und Gründern.»
Bestehende Strukturen aufbrechen
Der neue Coworking-Space in Liestal steht somit symbolisch für die Innovationskraft des Raums Basel/Baselland wie auch für die neuen Businesschancen, die Cleantech verheisst: «Schweizer Firmen sind führend im Bereich Cleantech weltweit, und die Region Basel nimmt dabei eine ganz wichtige Rolle ein», sagte Laura Grazioli, grüne Landrätin und Vorstandsmitglied der Startup Academy Liestal, am ersten Netzwerkanlass des «cleantechLAB» von letzter Woche. Cleantech-Firmen würden neuste Erkenntnisse und Technologien aufgreifen, die Ressourcen schonen oder schützen würden. Mit neuen Ansätzen würden sie bestehende Strukturen aufbrechen und neue Chancen generieren. «Wir brauchen Ideen, die Prinzipien von Wirtschaftlichkeit mit Prinzipien der Nachhaltigkeit auf kreative Art und Weise verbinden», fasste Laura Grazioli zusammen. Für sie stehe fest: Zukunftsfähiges Wachstum sei qualitatives Wachstum, das einen Mehrwert für heutige und zukünftige Generationen schaffe.
Inspirierende Worte fand auch Noah Heynen, Geschäftsführer der Firma Helion, die im Bereich Fotovoltaik, Stromspeicher, Wärmepumpen und Elektromobilität tätig ist. Als er vor zwölf Jahren zum Banker gegangen sei, habe dieser ihm angesichts der Prognosen im Solarmarkt nahegelegt, sein Talent nicht zu verschwenden und die «grünen Finken» abzulegen. Doch Heynen liess sich nicht beirren: Heute liegt das ehemalige Start-up mit 250 Leuten und zehn Prozent Marktanteil schweizweit ganz vorne.
Von Solarstrom bis Dünger
Im zweiten Teil des Abends im Tenum hielten sechs Cleantech-Start-ups einen Pitch und gaben einen Eindruck davon, was für Unternehmen bald ins Liestaler «cleantechLAB» einziehen könnten. «Green-Y» und «Cowa» spezialisieren sich auf Energiespeicher, «Vuna» baut Abwassersysteme und stellt Dünger aus Urin her, «sun2wheel» verknüpft Solarstrom und Elektroautos, «myEnergyGuide» ist eine App für Energieberatung, und «UpBoards» rezykliert Plastikabfall, der sonst in der Verbrennungsanlage landen würde, zu Platten, die ähnlich wie Holzplatten verwendet werden können.
Geografische Position spielt Rolle
Einer, der sich über das «cleantechLAB» besonders freut, ist Thomas Kübler, Leiter der Standortförderung Baselland. «Es passt gut zu den Gründungsaktivitäten, die hier Tradition haben», sagte er an der vorgängigen Medienkonferenz – wozu er auch das Oberbaselbiet als «Medtech-Geburtsort» zählt. Die geografische Position von Liestal spiele eine grosse Rolle. Nicht nur wegen der Verkehrserschliessung und der Nähe zu den Hochschulen, sondern eben auch wegen der Produktanwendungen in Baselbieter und Oberbaselbieter Firmen.
Wann das erste Start-up ins «cleantechLAB» einzieht, steht noch nicht fest. Laut Sandrine Straub haben einige bereits ihr Interesse angemeldet und Ende letzter Woche seien nochmals vier weitere dazugekommen.