«Landsgemeinde» im Stadion Gitterli
Liestal Die Bürgergemeinde verlegte ihre Versammlung coronagerecht nach draussen
Davon kann der FC Liestal nur träumen. Auf der mit rund 100 Personen gut besetzten Tribüne des Stadions Gitterli sassen nämlich nicht die Fussballfans sondern das Plenum der Bürgergemeinde. Die Frühjahrsversammlung vom Montagabend hätte im sonst dafür zur Verfügung stehenden Rathaussaal den Co-
rona-Sicherheits-Vorschriften nicht entsprochen.
So kam es dann eben zu dieser originellen Ausweichvariante «Fussballplatz», und das hat an diesem angenehmen Sommerabend einen Hauch einer traditionellen Landsgemeinde aufkommen lassen. Zwar ohne das feierliche drum und dran, aber ein gewisser exklusiver Charakter war trotzdem auszumachen. Für den Grossteil der Bürgerräte war es nämlich der letzte Auftritt in dieser Funktion an einer Bürgergemeindeversammlung. Dies, nachdem die Liestaler Bürgerinnen und Bürger am 9. Februar den drei Bisherigen Karin Jeitziner und Daniel Sturzenegger (beide FDP) sowie Hansruedi Schafroth (SVP) die Wiederwahl verweigerten. Sie votierten in der Folge nebst Hanspeter Stoll (SP) für die neuen Kandidaten Franz Kaufmann (SP) Franz Thür (parteilos), Domenic Schneider (GLP) und Beat Gränicher (SVP). Wer nun glaubte, dass an der ersten Bürgergemeindeversammlung nach diesem politischen Erdbeben verbal mit Gift und Galle an die Gegner abgerechnet würde, sah sich getäuscht. Die aktuellen (Noch)-Bürgerräte traten bei ihren Traktanden gewohnt sachlich auf und zeigten sich als gute Verlierer. Das ist politische Grösse und verdient allen Respekt! Genauso wie die neu gewählten Bürgerräte und die Gruppe der «Abwahl-Drahtzieher», die sich neutral im Publikum aufhielten.
Hervorragende Finanzen
Obschon die Traktandenliste ohne die grossen Knüller angekündigt war, verlief
deren Behandlung trotz Zustimmung der Anträge zum Teil sehr langatmig und schwerfällig. Da schienen die Redner und Wortbegehrer von der Dynamik die
der Fussballplatz und die Tartan-Rundbahn ausstrahlen, wenig beeinflusst worden zu sein.
Immerhin, die Jahresrechnung 2019 ist wie in den vergangenen Jahren der
grosse Aufsteller der Liestaler Bürgergemeinde. «Wir sind schuldenfrei und
haben grossen Handlungsspielraum», sagte Finanzchef Daniel Sturzenegger.
Dies insbesondere dank dem «Goldesel» Deponie Höli. Ein Ertragsüberschuss
von rund 4,3 Millionen Franken und ein Eigenkapital von rund 30 Millionen
Franken treiben da jedem Gemeindekassier Tränen in die Augen. Der Finanzierungsantrag von Peter Hersberger, Leiter Sachgüterproduktion, bekam sodann bei der Präsentation der mit 140 000 Franken veranschlagten Brennholz-Trocknungsanlage zwar grosse Zustimmung um damit den einheimischen Holzabsatz zu steigern. Die dazu verlangten vielen Wortbegehren waren indes ein klares Indiz, dass alles, was mit Maschinen, Energie und Transport zu tun hat, auch im «Volk» nach strengen klimapolitischen Kriterien beurteilt wird.
Versöhnlich und sehr emotional dann am Versammlungsschluss die von Hanspeter Stoll geführte Dankes- und Geschenk-Zeremonie an die abtretende
Interimspräsidentin Karin Jeitziner und seine beiden Bürgerratskollegen Hans-
ruedi Schafroth und Daniel Sturzenegger. Dazu bedankten sich die Stimmbür-
gerinnen und Stimmbürger mit langanhaltendem stehendem Applaus.