Kein Banntag – das Männerherz blutet!

Liestal Corona bodigt auch die diesjährige uralte Tradition der Grenzbegehung

Rottenchef Domenic Schneider wird seine 3. Rotte erst im 2021 wieder durch den Wald führen. Fotos: U. Fluri

Rottenchef Domenic Schneider wird seine 3. Rotte erst im 2021 wieder durch den Wald führen. Fotos: U. Fluri

Die vier Rottenfahnen werden dieses Jahr nicht am Rathaus flattern.

Die vier Rottenfahnen werden dieses Jahr nicht am Rathaus flattern.

Eher würde das Törli blau gestrichen, als dass es am Ablauf und an den Ritualen des Banntags etwas zu rütteln gäbe. «S isch allewyl so gsi», so der Tenor zu diesem höchsten Liestaler Feiertag. Seit Generationen besammeln sich nämlich am Montag vor Auffahrt über 1000 Liestaler Mannen und ihre Gäste im Stedtli und stimmen sich unter dem melancholischen Klang der 500-jährigen Törli-Glocke, begleitet vom Riesenkrach aus den Vorderladern, auf den vor ihnen liegenden Tag ein, an dem sie als verschworene Gemeinschaft den alten Brauch des Bannumgangs in allen Formen der Verbundenheit ausleben und zelebrieren werden. Diese seit langem allerdings nur noch symbolische Grenzkontrolle hätte nun in seiner 615. Auflage am Montag, 18. Mai, über die Bühne gehen sollen. Ein Faktum also, an dem es eben nichts zu rütteln gibt. Oder vielleicht doch?

Da kommt nun also dieser kleine Fiesling namens Corona und stellt die Welt auf den Kopf, verbreitet Angst und Schrecken und stösst nebenbei auch den Liestaler Banntag ins Elend. Das Verdikt: Der Bundesrat erlässt Verbote zu Menschenansammlungen und Empfehlungen, um die Gefahr von Ansteckungen mit diesem gefährlichen Virus zu minimieren.

Was in der langen Geschichte niemandem gelungen ist, nämlich den Liestaler Banntag zu verhindern – abgesehen von der Basler Obrigkeit, die nach dem Bauernkrieg von 1653 den Banntag mehrmals verboten hat –, ist nun also Tatsache. Versammlungsverbot und somit kein Banntag 2020! Das Törli wird jetzt zwar nicht blau gestrichen, aber der Stich ins Herz der Banntägler tut weh.

Wieder gehorsam sein

Nachdem bereits die Fasnacht wegen der Corona-Krise behördlich «geopfert» worden war, keimte im Stedtli dann doch gelegentlich die Hoffnung auf, der einige Wochen später vorgesehene Banntag möge die vielen Sicherheitsauflagen erfüllen und vielleicht doch bewilligt werden. Das sah auch Domenic Schneider, Chef der 3. Rotte, so: «Wir warten den bundesrätlichen Entscheid bezüglich Lockerung des Versammlungsverbots ab, und erst dann sagen wir Ja oder Nein.»

Seit letzten Donnerstag wissen wir: Die Landesregierung wird das Verbot für Grossveranstaltungen, und dazu gehört eben auch ein Banntag, frühestens ab dem 8. Juni lockern. In einer unmittelbar verfassten Medienmitteilung haben nun die vier Rottenchefs darüber orientiert, dass der diesjährige Banntag definitiv nicht stattfinden wird. Darin bedauern sie die Absage ausserordentlich, unterstützen aber die Massnahmen und Vorgaben des Bundesrates vollumfänglich. Mit einem kleinen Seitenhieb an die wenigen «Verfehlungen» beim Fasnachtsverbot meinte Domenic Schneider denn auch ganz brav: «Wir müssen vermehrt lernen, wieder gehorsam zu sein.»

Deshalb bitten die Rottenchefs die Banntägler, am 18.Mai alle diesbezüglichen Aktivitäten zu unterlassen und sich strikte an die verordneten Vorgaben zu halten. Immerhin: Der 10.Mai 2021, der Tag des nächsten Banntags, kommt bestimmt.

Bei allem Verdruss über diese Absage – der einheimische Kulturwissenschaftler Dominik Wunderlin setzt im Schlusssatz seines Gedichts zum «Corona-Banntag» eine heitere Pointe: «An däm Meentig hei mir also nüt z schwanke, das hei mir jetz dr Santa Corona z verdanke.»

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