Kanonendonner im Morgengrauen

Liestal Niederdörfer Kanoniere gedenken der heiligen Barbara mit 26 Salutschüssen  

26 Salutschüsse aus dieser selbst gebauten Kanone. Foto: U. Fluri
26 Salutschüsse aus dieser selbst gebauten Kanone. Foto: U. Fluri

Alljährlich am 4. Dezember wird die heilige Barbara, die Schutzpatronin der Artillerie und der Mineure, geehrt. Aus diesem Grund krachten deshalb am vergangenen Sonntagmorgen um acht Uhr auf dem Schleifenberg traditionell wiederum 26 Böllerschüsse. Fällt das Datum auf einen Werktag, geht’s jeweils schon um sechs Uhr los. Den einen ist der Namenstag dieser legendenumgebenden Frau heilig, da lässt man es zu Ehren der Schutzpatronin so richtig knallen. Den anderen geht dieses Ritual als martialischer Barbarakult zu weit und wird als lästige Nachtruhestörung empfunden. Das sehen die Mannen vom Niederdörfer «Frytigstamm» überhaupt nicht so. Sie zelebrieren nämlich das vom Artillerieverein Baselland übernommene Brauchtum aus dem 19. Jahrhundert seit 1988 als würdigen Gedenkanlass für die heilige Barbara. Sie soll im 3. Jahrhundert in Kleinasien gelebt haben und von ihrem heidnischen Vater enthauptet worden sein, weil sie sich weigerte, ihren christlichen Glauben aufzugeben. Ihr Märtyrertod gilt als Symbol der Wehr- und Standhaftigkeit und wird seither als Schutzpatronin vor allem von den Artilleristen und den Mineuren verehrt.

«Feuer frei!»

Am Fuss des Aussichtsturms auf dem Liestaler Schleifenberg, dort wo sich sonst Fuchs und Hase gute Nacht sagen, herrschte am Sonntagmorgen in der Dämmerung und Kälte emsiges Treiben. Im Tal Totenstille: Liestal lag noch im tiefen Schlaf. Im Gegensatz dazu die Kanoniere aus Niederdorf, die in aller Herrgottsfrühe ihre selbst gebaute 50-Millimeter-Kanone in Stellung brachten. Unter dem Kommando von Peter Schweizer, der stellvertretend für den altgedienten Artilleriehauptmann Stefan Schneider amtierte, verlief der Stellungsbezug reibungslos, so als würde seine Geschützmannschaft täglich exerzieren.

Tatsächlich ist man im «Frytigstamm» für alles zu haben, was auch ausserhalb des Barbara-Rituals irgendwie mit Kultur zu tun hat. So wird die Kanone am Banntag genauso fachmännisch eingesetzt wie etwa an Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern. Und das alles natürlich ohne Munition. Da wird bloss Schwarzpulver und Zeitungspapier ins Rohr gestopft, also nur ein Blindschuss sozusagen.

«Geschütz bereit», wird zackig gemeldet. Die Spannung steigt allmählich ins Unerträgliche. Schützenmeister René Spühler zählt «Fünf – vier – drei – zwei – eins – Feuer frei!» Und zieht an der Abzugsschnur. Aus der Kanone schiesst Feuer und Rauch, ein Riesenknall und als Echo ein Donnergroll aus dem Waldenburgertal. Die weiteren 25 Böllerschüsse – für jeden Kanton ein Schuss – folgen im Minutentakt, bis zum «Feuer durch!» Jetzt sind unten im Stedtli wohl auch die hartnäckigsten Schlafmützen wach. «Da schlägt mein Herz halt immer etwas höher», gesteht ein langjähriger Gast. Wen wunderts – als ehemaliger Artillerist ist ihm dieser «Gefechtslärm» von den schweren 10,5-Zentimeter-Kanonen hinlänglich vertraut.

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