Jede Minute erhöht die Lebenschancen
Lausen Die Zivilschutzorganisation Ergolz will alle ihre Angehörigen als First Responder ausbilden
Ein Mensch fällt mitten auf der Strasse um, bleibt am Boden liegen, ist nicht mehr ansprechbar – möglicherweise hat er einen Herzinfarkt erlitten. Die Umstehenden rufen sofort die Notrufnummer 144 an, aber bis die Ambulanz vor Ort eintrifft, vergeht wertvolle Zeit. Denn mit jeder Minute, die bei einem Herzkreislaufstillstand verstreicht, sinken die Überlebenschancen um zehn Prozent. Schweizweit wird derzeit ein System von «First Respondern» aufgebaut, das sind freiwillige, ausgebildete Ersthelfer, die mit einer App alarmiert werden, wenn sich in ihrer Nähe ein Notfall ereignet. Über die App erhalten die drei First Responder, die am nächsten sind, alle Einsatzdetail aufs Smartphone. Am Einsatzort eingetroffen, beginnen sie sofort mit den Notfallmassnahmen.
Das System hat sich in anderen Ländern bereits erwähnt, wo die Überlebensrate von wenigen Prozent auf über 50 Prozent gesteigert werden konnte. In der Nordwestschweiz ist die Stiftung «Ersthelfer Nordwestschweiz» mit dem Aufbau des First-Responder-Netzes beauftragt. Laut Geschäftsführerin Céline Marchon haben Baselland und Basel-Stadt im Oktober 2019 mit der App gestartet.
Vergangene Woche liess die Zivilschutzorganisation Ergolz (Liestal und Lausen) ihr Kader an einem eintägigen Kurs in Zusammenarbeit mit der Organisation Life Support zu Ersthelfern ausbilden. Im Grundkurs wurden sie in Herzdruckmassage und im Umgang mit dem Defibrillator geschult, am Nachmittag wurden sie mit dem First-Responder-System und mit der App vertraut gemacht. Am Schluss des Tages konnten die rund 25 Teilnehmenden für sich selbst entscheiden, ob sie sich als freiwillige First Responder registrieren lassen wollen. Im Herbst sollen alle rund 140 Angehörigen der Zivilschutzorganisation Ergolz dieselbe Ausbildung erhalten. «Die öffentliche Sicherheit ist eine Kernaufgabe des Zivilschutzes und dadurch können wir einen Beitrag leisten», kommentierte Stabchef Andreas Neuenschwander. «Wenn unsere Leute das können, ist das ein wertvoller Dienst an der Gesellschaft.»
Instruktor Marcel Furrer und sein Team aus dem Rettungswesen sorgten für einen kurzweiligen und anschaulichen Kurs. Als «Aufwärmübung» gings um den «Heimlich-Griff», der angewendet wird, wenn jemand einen Gegenstand verschluckt und keine Luft mehr bekommt. Anschliessend demonstrierte Marcel Furrer die Herzdruckmassage: Sie wird angewendet, um den Blutkreislauf aufrecht zu erhalten. Selbst wenn nicht beatmet wird, kann der im Blut noch vorhandene Sauerstoff so zu den Organen gelangen. «Wichtig ist, dass es möglichst wenig Unterbrüche gibt», betonte Furrer und zog den Vergleich zur Wasserpumpe auf dem Robi-Spielplatz: Bricht der Druck zusammen, muss jedesmal eine zeitlang von Neuem gepumpt werden, bis der Kreislauf wieder steht. Zwischen den Theorieblocks gab es immer wieder Gelegenheit, das Gezeigte selber zu üben. Spezielles Augenmerk wurde auf Notfallmassnahmen für Kinder und Babys gerichtet: Aufgrund der körperlichen Unterschiede zu Erwachsenen müssen die Techniken angepasst werden.
«Für die Region ist es eine gute Sache, dass wir diese Ausbildung geniessen können», meinte Zivilschutzkommandant Tom Weber. Schon 2018 habe die ZSO Ergolz eine erste Schulung organisiert, aber dann sei lange nichts gelaufen. Umso mehr freut er sich, dass es nun vorwärts geht. Der Zivilschutz hole die Leute aus dem Arbeitsleben und aus der Familie heraus; das First-Responder-System sei deshalb eine gute Sache: «Ich als Kommandant habe gesagt, es ist Pflicht, dass jeder die Ausbildung absolviert», so Weber. «Ob er dann First Responder wird, ist ihm überlassen.»
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