Irrwitzige Fingerakrobatik

Baselbieter Konzerte Blockflötist Maurice Steger und Ensemble CHAARTS

Maurice Steger: hochkonzentriert und doch stets in Bewegung. Foto: T. Brunnschweiler
Maurice Steger: hochkonzentriert und doch stets in Bewegung. Foto: T. Brunnschweiler

Am 15.Oktober begeisterten der Blockflötist Maurice Steger und das Ensemble CHAARTS das Publikum in der Stadtkirche. Wer den «Paganini der Blockflöte» einmal gehört hat, den dürstet nach mehr. Steger ist eine Mischung von Frauenschwarm, Rumpelstilzchen und Rattenfänger von Hameln. Er entführt sein Publikum aus dem Alltag in die Höhen und Abgründe barocken Lebensgefühls. Er lässt seine verschiedenen Flöten singen, schreien, heiser jammern, tirilieren oder mit fieberhaft schnellen Tonkaskaden die Schallmauer der Hörfähigkeit durchbrechen. Stegers irrwitzige Fingerfertigkeit und sein traumwandlerisches Gespür für Agogik und Timing sind stupend.

Nächtlicher Spuk

Den Auftakt der 37. Saison der Baselbieter Konzerte machten die Chamber Artists unter der Leitung von Konzertmeister Stefan Tarara mit Vivaldis Concerto C-Dur RV 114. Das Streichensemble und der Cembalist brillierten mit insistentem, makellosem Spiel und einnehmender Musikalität. Man kann Vivaldi gefällig spielen, aber das Ensemble machte das Stück mit markanten Phrasierungen und starkem Dynamikgefälle spannend, in der Ciaccona fast brachial.

In der von Francesco Geminiani bearbeiteten Fassung des Concerto A-Dur von Arcangelo Corelli kam Maurice Steger zum Zug. Mit fantastischer Atemtechnik, ganzem Körpereinsatz und unbändiger Spielfreude liess er dieses Concerto zu einem Genuss für Ohren und Augen werden. Die anschliessende Passacaglia war vom Händel’schen Kompositionsduktus durchweht und subtil gestaltet. Mit dem Flötenkonzert «La Notte» in G-moll von Antonio Vivaldi folgte ein nächtlicher Horrortrip durch einen venezianischen Palazzo. Im Presto imitiert die Flöte die herumwirbelnden Gespenster. Der Spuk, in dem Vivaldi sich selbst mit dem langsamen Teil des «Winter» zitiert, verflüchtigt sich am Ende im Nichts.

Nach dem offerierten Apéro ertönte mit dem Concerto d-Moll RV 565 nochmals Vivaldi. Konzertmeister Tarara spielte filigran und präzise. Auch hier war das Ensemble durchhörbar, perfekt abgestimmt, dynamisch und pulsierend. In Godfrey Fingers «A Ground spielte Steger nur kurz, um die Szenerie leise wieder zu verlassen. Mit dem Concerto 1 D-Dur von William Babell, dessen synkopisches Schluss-Allegro Steger akrobatischste Fingerfertigkeit und viel Atem abverlangte, klang das mitreissende Konzert aus. Stehende Ovationen und Bravorufe animierten zur Zugabe eines wunderbaren Stücks von Corelli. Steger verriet im Anschluss Andreas Fleck, dem musikalischen Leiter der Baselbieter Konzerte, dass er ein solch enthusiastisches Publikum nur sehr selten erlebe.

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