Intellektuell und in Badeschlappen
Liestal Die Premiere des Open-Air-Literaturfestivals in Liestal war ein voller Erfolg
Eingebettet in der Kulisse des Zeughausplatzes tauchte ein kulturhungriges Publikum auf nahezu 200 Plätzen am letzten Freitagabend für einige Stunden in die literarische Welt ein.
Stargast des Anlasses war der Schriftsteller Pedro Lenz. Er kam als es Nacht wurde, in Kittel und Badeschlappen. Und auch er bekundete Hunger: «I mir inne hocket es neugierigs Tier Laurence, und das Tier het Hunger, vüu vüu Hunger, es wot mit Buechstabe gfueteret wärde», so lautet eine Passage aus seinem neusten Buch «Primitivo» – ein Roman mit autobiographischen Zügen. Es erzählt die Geschichte des bücherverliebten Maurers «Primitivo» in 13 Kapiteln. Zweifelsohne war es die Aura des Autors auf der Lesebühne garniert mit oberaargauischem Dialekt, der sämtliche Hektik des Tages verdrängte und das Publikum einen langen Moment in den Bann zog.
Der 1965 geborene Lenz, halb Schweizer, halb Spanier, wuchs in Langenthal auf, absolvierte eine Lehre als Maurer. An der Uni Bern studierte er spanische Literatur und fand so den Weg zur Schriftstellerei. Seit 1994 erhielt er diverse Nominationen, Kultur- und Literaturpreise.
Slammerinnen mit intelligentem Humor
Eine Plattform an dem von der Kantonsbibliothek Baselland und dem Dichter- und Stadtmuseum organisierten ersten Literaturfestival erhielten auch junge Poetry- Slammerinnen: Gina Walter, Caterina John und Nadine Studer, drei Bühnendichterinnen aus unserer Region, die das Publikum mit selbstgeschriebenen, kunstvollen, vorwiegend witzigen und ausgefeilten Kurztexten zwar bestens unterhielten, jedoch nicht eine Live-Performance mit viel Rhythmik, Gestik und einem Zeitrahmen von wenigen Minuten auf einem Slam machten. Für einmal lagen die Lyrikerinnen also nicht in einem Wettstreit untereinander und wurden von der Zuhörerschaft für ihre Dichtungen nicht juriert. Dennoch überzeugte die junge Generation eloquent mit ihren Worten im Fokus, stehend hinter dem Mikrofon. Hin und wieder wunderte man sich schon, wie offen sich die Autorinnen geben; überrascht wird man ebenso von ihrem intelligenten Humor und über das, was heutzutage alles vertextet wird – unterhaltsam in jedem Fall.
Open-Air-Literatur bot Gelegenheit zum Austausch
Interessantes war von der Luzerner Autorin Sandra Hughes zu hören. Auch sie las unter freiem Himmel, stellte ihren Folgekrimi «Tessiner Vermächtnis» vor. Und erzählt über ihre Arbeitsweise beim Schreiben desselben: «Den Krimi zu schreiben war für mich eine echte Herausforderung. Warum? In den letzten vier Romanen hatte ich stets eine Leitfigur. Das war hier nicht so. Ich brauchte eine stringente Geschichte, musste zuerst das Ende herbeiführen, um einen Anfang schreiben zu können.»
Nach Monaten des Distanzhaltens bot das Fest eine gute Gelegenheit zur Begegnung mit Menschen, die ihre Interessen teilen und Lust an Geschichten und an der Sprache haben.