Imkern nach den zehn Jahreszeiten der Natur

Liestal Delegiertenversammlung von BienenSchweiz  

Ständerätin Maya Graf, Manuela Plattner, Präsidentin des Bienenzüchterverbands beider Basel; Mathias Götti Limacher, Präsident BienenSchweiz; Regierungsrätin Kathrin Schweizer, Sicherheitsdirektorin Kanton Baselland und Regierungsrat Lukas Engelberger, Gesundheitsdirektor Basel-Stadt.Fotos: E. Gysin

Ständerätin Maya Graf, Manuela Plattner, Präsidentin des Bienenzüchterverbands beider Basel; Mathias Götti Limacher, Präsident BienenSchweiz; Regierungsrätin Kathrin Schweizer, Sicherheitsdirektorin Kanton Baselland und Regierungsrat Lukas Engelberger, Gesundheitsdirektor Basel-Stadt.Fotos: E. Gysin

Ute Schneider-Ritter und Wolfgang Ritter, Autoren und Imker.

Ute Schneider-Ritter und Wolfgang Ritter, Autoren und Imker.

Ein halbes Jahrhundert seines Bestehens feiert der Bienenzüchterverband Beider Basel in diesem Jahr. Grund genug, den Schweizerischen Verband für seine Delegiertenversammlung nach Liestal einzuladen. Zwar bestand bereits seit dem Jahr 1901 ein Zusammenschluss der damaligen Bienenzüchtervereine in beiden Basel. Aber erst im Jahr 1971 kam es zur formellen Gründung des Verbandes Beider Basel. In jedem der sechs Bezirke existiert ein Verein. Diese machen zusammen mit dem städtischen Verein den Verband Beider Basel aus.

Am vergangenen Samstag sind die Delegierten aus allen Landesteilen nach Liestal gereist um die Verbandsgeschäfte zu beraten. Begrüsst und willkommen geheissen wurden sie auch von der Politik. Die Bienen haben offenbar bei den Politikerinnen und Politikern einen dicken Stein im Brett. Ständerätin Maya Graf ist sozusagen mit Bienen aufgewachsen, «sonst hätten wir gar keine Kirschen ernten können», sagte sie. Regierungsrat Lukas Engelberger wusste bestens Bescheid über die Stadtbienen sowie über die gesundheitsfördernde Wirkung von Honig und Bienenwachs. «Wenn sie von einer Biene gestochen werden, können sie auch den weit harmloseren Piks machen lassen: Impfen Sie sich gegen Covid!», warb er in seinem Grusswort. Einen deutlichen Werbespot für unseren Kanton und die Wirtschaftskraft der Nordwestschweiz flocht Regierungsrätin Kathrin Schweizer in ihr engagiertes Grusswort ein, schliesslich kamen die Gäste aus der ganzen Schweiz und da ist es wichtig Klartext zu reden. «Neben 300000 Einwohnerinnen und Einwohnern tummeln sich im Baselbiet auch noch gut 6000 Bienenvölker», rechnete sie vor und verwies auch auf die Pionierleistung von 2012, als die Fachstelle Bienen geschaffen wurde. Die Stadt Liestal wurde von Stadträtin Marie-Therese Beeler vertreten, die zu einem Stadtbummel einlud, «wenn die Geschäfte zu Ende beraten sind.

Diskutiert wurde von der Versammlung schliesslich auch das Verhältnis zur Politik. Es sei besser im Stil wirkungsorientiert vorzugehen als bloss laut. «Der Umgang mit den Agrarinitiativen war beispielhaft: Wir fassen weiterhin keine Parolen», sagte Martin Schwegler vom Verbandsvorstand. Zwecks Reduktion von bienengefährdenden Stoffen suche man das Gespräch mit Interessenverbänden, so Schwegler weiter. Die weiteren traktandierten Geschäfte warfen keine hohen Wellen, sie wurden mit deutlichen Mehrheiten verabschiedet.

Phänologischer Kalender als Taktgeber

Die Eintrittszeiten charakteristischer Erscheinungen werden in einem «phänologischen Kalender» festgehalten. Dieser unterteilt das «phänologische Jahr» in physiologisch-biologisch begründete zehn «phänologische Jahreszeiten» und orientiert sich an charakteristischen Entwicklungsstadien typischer Pflanzen. Das ist in aller Kürze die Grundlage des Referats, das Ute Schneider-Ritter und Wolfgang Ritter vor den Delegierten hielten. Das Ehepaar hat zum Thema ein Buch publiziert, das bereits zu einem Bestseller geworden ist.

Am Beispiel der Küchenschelle (pulsatille vulgaris) und der Gehörnten Mauerbiene lässt sich dass Phänomen anschaulich erklären. Die Mauerbiene ist der wichtigste Bestäuber dieser Pflanze. Im Gefolge der Klimaerwärmung hat sich der Blühbeginn der Küchenschelle sehr schnell auf die höheren Temperaturen eingestellt. So schnell kann die Mauerbiene nicht reagieren und hinkt mit ihrer Schlupfzeit hinterher, wenn sie dann schlüpft, ist die Pflanze bereits verblüht.

Ein weiteres Beispiel stammt aus unserer Region. An einem unscheinbaren Kirschbaum am Waldrand von Liestal lässt sich über hundert Jahre zurück zeigen, wann im Baselbiet die Kirschbäume blühten. Diesen sogenannten Referenzbaum beobachten Obstbauexperten des Landwirtschaftlichen Zentrums Ebenrain in Sissach.

Referenzkirschbäume gibt es im Baselbiet seit 1894. Wenn 20 Prozent der Blüten dieses wilden Kirschbaums offen sind, spreche man vom Beginn der Blütezeit, so die Regel.

Über diesen Zeitpunkt wird Buch geführt. Die Zeitreihe in Liestal ist die älteste eines Kirschbaumes weltweit. Nirgends sonst wurde so weit zurück die Blüte der Kirschbäume Jahr für Jahr protokolliert. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren die Bauern auf diesen Referenzbaum angewiesen. Sie rechneten nämlich gestützt auf den Stichtag, den aktuellen Temperaturverlauf und anhand von Erfahrungswerten, fast auf den Tag genau, wann sie die Kirschen ernten können.

«Die Bauern wussten zum Beispiel: Am Stichtag plus 80 Tage beginnt etwa in Pratteln die Ernte». Die Bauern buchten dann auf diesen Termin die zahlreichen Erntehelfer oder bestellten Sonder-Güterzüge für den Transport der schnell verderblichen Ware in die ganze Schweiz. (Zitiert nach Andreas Buser vom Landwirtschaftlichen Zentrum Ebenrain und der Blütenspezialistin Susanne Kaufmann.)

All diese Veränderungen werden auch einen Einfluss auf die Bienenvölker und somit auf die Imkerei haben. Davon sind Ritters überzeugt und haben in ihrem gemeinsam gehaltenen Referat zum Abschluss der Delegiertenversammlung einen interessanten Impuls mit auf den Heimweg gegeben.

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