Hautnahes Gänsehauterlebnis

Kleines Jubiläum Die Krimi-Reihe Liestal überzeugt im fünften Jahr mit hoher Qualität  

Eines von vielen Highlights der Krimi-Reihe 2022: Ueli Jäggi las Texte von Friedrich Glauser im Guggenheim.Foto: Marc Schaffner

Eines von vielen Highlights der Krimi-Reihe 2022: Ueli Jäggi las Texte von Friedrich Glauser im Guggenheim.Foto: Marc Schaffner

Michael Giertz, Koordinator der Krimi-Reihe Liestal. Foto: zvg

Michael Giertz, Koordinator der Krimi-Reihe Liestal. Foto: zvg

Krimis sind ein Dauerbrenner und können auf ein treues Fanpublikum zählen, egal ob sie als Fernsehserien, Radio­hörspiele oder Romane daherkommen. Periodisch erfindet sich das Genre neu und zieht wieder jüngere Generationen in den Bann, die nicht mit Agatha Christie und Edgar Wallace aufgewachsen sind. Abgesehen davon, dass Nervenkitzel immer zieht, ist die Beliebtheit wohl auch darauf zurückzuführen, dass europäische und Schweizer Produktionen immer professioneller werden. Ein Krimi muss nicht mehr in den Strassen von London oder New York spielen, Schauplatz kann auch Zürich oder Basel sein. Die Spannung rückt sozusagen ­immer näher ans eigene Wohnzimmer heran: Seit einigen Jahren erscheinen immer mehr Kriminalromane, die in unserer Region spielen.

Der Verein Liestal Kultur hat diesen Trend aufgegriffen, als er vor fünf Jahren die Krimi-Reihe Liestal lanciert hat. Analog zur Kulturnacht und zu den Humortagen handelt es sich um ein jährlich stattfindendes Festival, bei dem die Liestaler Kulturveranstalter/-innen ihre Energien bündeln und die Stärkung des Kulturstandorts Liestal in den Vordergrund stellen. Nach einem relativ gross aufgezogenen Start in 2017 beschränkte sich die Krimi-Reihe in den Folgejahren auf wenige Anlässe pro Jahr – die Strahlkraft der Kulturnacht oder der Humortage wurde nie ganz erreicht.

Dieses Jahr, zum Fünf-Jahr-Jubiläum, wagte der Verein Liestal Kultur wieder eine grössere Ausgabe. «Wir haben uns gesagt, jetzt haben wir fünf Jahre Abstand, jetzt probieren wir es nochmals wie am Anfang», erklärt Koordinator Michael Giertz. Der «Wiederbelebungsversuch» falle zwar aufgrund der Coronapandemie in eine schwierige Zeit. Trotzdem habe Liestal Kultur den höheren Organisationsaufwand auf sich ­genommen, inklusive Fundraising, und sei auch bei den Sponsoren auf offene Ohren gestossen.

Das Resultat ist ein reich befrachtetes Programm 2022 mit 16 Einzelanlässen im Januar und Februar, von denen ­bisher fast alle durchgeführt werden konnten. Einer der Anlässe, «Grausig-Garstiges» mit Slam-Poet Remo Zumstein und Gitarrist Michael Kuster, wurde krankheitsbedingt auf den 20.März verschoben. Zudem finden drei Anlässe noch diese und nächste Woche statt. Krimifans haben also noch Gelegenheit, ihrer Vorliebe zu huldigen und mit Verbrecherjägern auf die Pirsch zu gehen – und dies im heimatlichen Liestal.

Schauriges im Bunker und in der Cheddite-Fabrik

Womit wir wieder beim Eingangsthema sind: In der Krimi-Reihe Liestal 2022 spielt der Grossteil der präsentierten Kriminalromane in der Region oder stammt aus der Feder von Autor/-innen, die einen Bezug zum Baselbiet haben. Ina Haller beispielsweise lässt ihre ­Romanfigur einen Mord am Chienbäse-Umzug aufklären und Martin Widmer geht in der ehemaligen Sprengstoff­fabrik Cheddite auf Spurensuche. Und mit «Baselbieter Abgründe – Vasco schnüffelt» stellt diesen Samstag die Oberbaselbieter Autorin Barbara Saladin ihr neues Werk vor.

Direkt aus dem regionalen Leben gegriffen sind die Beiträge zur «Realität der Verbrechensbekämpfung», die das Dichter- und Stadtmuseum seit 2017 organisiert. Dieses Jahr erzählten ein Strafgerichtspräsident und ein leitender Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft aus ihrem Beruf. Die Krimi-Reihe lädt ausserdem dazu ein, ungewöhnliche Orte in Liestal als Kulturorte zu entdecken, etwa den Bunker unter der Schulanlage Frenke – atmosphärisch ideal für die Romane von Raphael Zehnder und Wolfgang Bortlik.

Der zum Teil sehr intime Rahmen bietet ein im wörtlichen Sinn «hautnahes» Gänsehauterlebnis und gibt Leserinnen und Lesern die Möglichkeit, direkt mit den Krimischreibenden ins Gespräch zu kommen. Koordinator Michael Giertz hätte sich zwar für einzelne Veranstaltungen etwas mehr Publikum gewünscht, ist aber erfreut über die durchgehend hohe Qualität der diesjährigen Krimi-Reihe. «Die Besucher, die kamen, waren begeistert», stellt er fest. Nach manchen Lesungen sei mit einer enormen Intensität noch lange diskutiert worden. «Vor allem sind wir glücklich, dass wir die Krimi-Reihe trotz Corona durchziehen konnten», betont Michael Giertz. Bei den «Kulturgängerinnen und Kulturgängern» habe man deutlich gemerkt, wie froh sie seien, wieder Veranstaltungen besuchen zu können: «Für manche Leute ist das ihr Lebenselixier.» Michael Giertz hofft, dass es irgendwann wieder ganz so werde wie «vor Corona».

Nächstes Jahr ist wieder eine etwas schmalere Ausgabe der Krimi-Reihe angedacht, mit vielleicht sechs oder sieben Veranstaltungen. «Liestal ist ein Pflaster, das überaus gut versorgt ist mit Kultur», ist sich Michael Giertz bewusst. Wenn man etwas Neues in die Welt setze, könne man nicht erwarten, dass die Leute angerannt kämen. Der Verein Liestal Kultur setzt deshalb auf Kontinuität: «Wenn etwas eine Geschichte hat und zu einem festen Wert wird, dann kommen die Leute schon», glaubt Michael Giertz. Zum Konzept gehöre, dass man wisse, die Krimi-Reihe finde statt, genau wie die Humortage.

Letztere gehen übrigens vom 28.März bis zum 2.April über die Bühne.

krimi-liestal.ch

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