Geschichten aus Liestals Vorstadt West/Nordwest
Wussten Sie, dass Liestal früher ein Bäder- und Kurort war, wegen des milden Klimas von englischen und deutschen Familien auf Alpenreise als Zwischenstation beliebt? Nicht nur das Hotel Bienenberg und das Bad Schauenburg konnte die Tourismusstadt vorweisen, sondern auch das Hotel Falken – mit Solbad – und die Pension Orishof.
Das Gebiet vor dem unteren Stadttor, man könnte es als «Vorstadt West/Nordwest» bezeichnen, birgt Überraschendes und Unbekanntes – wohl auch darum, dass sich in den letzten hundert Jahren kaum ein Stadtteil so massiv verändert hat. Hanspeter Meyer, den «ObZ»-Leser/-innen durch seine monatliche Kolumne bestens bekannt, hat sich intensiv mit der Geschichte dieses Gebiets auseinandergesetzt. In seinem neuen Buch «Liestals Vorstadt West/Nordwest», das an seine «Gestadeck-Geschichten» anschliesst, fasst er ein tolles Stück Liestaler Stadtgeschichte zusammen. Wie immer gelingt es ihm, aus den historischen Quellen die amüsanten Anekdoten und Geschichten herauszufiltern und auf dem Silbertablett zu servieren.
Die «Kantonalbank-Kreuzung», die über Liestal hinaus bekannt ist, bietet mehrere Ansatzpunkte, um den Blick auf die Vergangenheit zu richten. So war die westliche Liestaler Vorstadt schon vor der Gründung der BLKB in den 1860er-Jahren ein Bankenplatz. Die Vorläufer-Institutionen der heutigen Grossbanken in Liestal befanden sich genau in diesem Stadtteil. Auf der anderen Seite der Kreuzung, zwischen Entenbach (Fasnächtlern dürfte dieses Gewässer ein Begriff sein) und Bahnhof, hatte sich die «schreibende Zunft» eingenistet. Einerseits die «Basellandschafliche Zeitung» (heute «bz Basel»), andererseits der «Landschäftler», die zwei unterschiedliche Bevölkerungssegmente ansprachen, Bürgertum und Arbeiterklasse. Die erste Liestaler Zeitung war allerdings «Der Unerschrockene Rauracher», der ab 1832 im wenige Schritte entfernten Regierungsgebäude gedruckt wurde.
Das Lüdin-Areal, auf dem sich die «bz Basel» und seit 2014 auch die «ObZ» befinden, grenzt an die Rheinstrasse und an die Schützenstrasse – letztere erinnert an das Schiesswesen, das aufgrund einer Flurbezeichnung seit 1348 an diesem Ort verbürgt ist. Das benachbarte Rebgartenquartier verweist seinerseits auf den Rebbau, der in der Talsohle, beim «Nider Thor», betrieben wurde.
Die erwähnte Rheinstrasse mit ihren Villen und den Spitälern lässt Hanspeter Meyer weitere Parallelen zwischen damals und heute ziehen, wie auch der Güterbahnhof und die Industrie. Auch die Kapitel über das «verschwundene Dorf» Munzach und das Röserental sind voll von Wissenswertem über diese weniger bekannten Gebiete. Nicht nur historisch Interessierten sei die Lektüre ans Herz gelegt, allein schon wegen den Anekdoten wie derjenigen vom Landjäher und Landstreicher lohnt sie sich.
Das Buch kann zum Preis von 18 Franken im Buchhandel oder direkt beim Verlag Drehscheibe Liestal, Goldbrunnenstrasse 43, 4410 Liestal, bezogen werden. Marc Schaffner