Ganz grosses Kino im KV-Saal
Liestal Das Rotstab-Cabaret setzt auf Innovation und zeigt eine tolle Fasnachts-Show
Gross war das Fragezeichen, ob das diesjährige Cabaret nach all den coronabedingten Widerwärtigkeiten in der neuen und revidierten Form dieselbe Begeisterung auszulösen vermag wie seine Vorgänger in der 90-jährigen Geschichte. Ja, das tut es, und wie! Die «Macher» Thomas von Arx, Maik van Epple, Barbara Kleiner sowie das Co-Präsidium mit Beatrix Schlebach und Carol Zumbrunn haben mit ihren Protagonisten auf der Bühne punkto Programm nicht nur einen Zacken zugelegt, sie haben das bisherige Cabaret mit bewährtem Konzept sogar ein bisschen neu erfunden. Das kam denn auch bereits im Prolog mit dem Rotstab Stamm und den Stedli-Singers zum Ausdruck.
Da wurde mit Besen und Schaufel der Corona-Schutt weggeputzt, flott gepfiffen und getrommelt und lauthals von der Bühne herab gesungen «Mir sy wieder do». Das sagten sich auch die erstmals auftretenden Hexen die vor einem riesigen Kochkessel mit allerlei Zaubersprüchen ein neues Cabaret zusammenbrauten und die längst überfällige Frauenquote hervorzauberten. Und was bereits zu Beginn dieses dreistündigen Fanachtspektakels auffällt: Die einzelnen Programmpunkte sind fliessend und werden durch die Akteure übergreifend verbunden. Und das mit der Frauenquote ist wirklich eine bemerkenswerte Innovation. Was nämlich Fabienne Frei und Brigitte Berner in die eh schon stark auftretende Gruppe der Cabarettisten einbringen, vermag die Qualität dieser Spassvögel nochmals zu steigern. Bei allem was diese ulkige Truppe an Witz und Humor auf die Bühne bringt – es gab aber auch Szenen an der Grenze des guten Geschmacks. So war das Rahmenstück «Cabaret-Casting» zu den Genderfragen voller Anzüglichkeiten in der sich beispielsweise die schrille Kandidatin Henriette aus dem Glaibasel bei der Jury so vorstellte: «I bi weder Ma no Frau, i bi schlicht und eifach e geili Sau». Unterste Schublade!
Showdown im Stedtli
Das Liestaler Rotstab-Cabaret 2023 ist trotz einigen inhaltlichen Unebenheiten wiederum eine gelungene Mischung aus gut inszeniertem Wortwitz, absurder Komik, scharfer Satire und viel gefälliger Fasnachtsmusik. Und das alles vor prächtigen fotografischen Bühnenbildern.
Dass sich der Stadtrat und die Gewerbler wegen den Parkgebühren in den Haaren liegen, ist längst bekannt. Vor diesem Hintergrund haben sich sodann alle in dieses Gschtürm Involvierten zusammen mit dem Stadtrat dazu hergegeben, nach der Musik von Benny Hill in Slap Stick-Form an einem Trick- und Stummfilm «Showdown im Stedtli» mitzutun. Alles halt überzeichnet und mit viel Klamauk und Blödeleien dargestellt. Obschon dabei physisch niemand auf der Bühne stand – diese Nummer war der grosse Brüller des Abends. Chapeau!
Auf diesem Niveau mit hohem Unterhaltungswert können auch die Pfeifer und Tambouren mithalten. Mit einem Mozart-Medley haben die Solo-Pfeifer angedeutet, mit welcher Anmut solche Musik auch auf dem Piccolo gespielt werden kann. Und die Rampassadoren aus Reigoldswil haben bewiesen, dass dezent und etwas zurückhaltend vorgetragene Guggemuusig durchaus indoor-tauglich ist. Im Weiteren hat die «Deutsche» Cabarettistin im Sketch «bim Entsorge» mit ihrem ungeduldigen «Ruck-Zuck – Zack-Zack» nicht nur Klischees, sondern auch herzliche Lacher produziert. Als bloss mittelmässig sind sodann die Rahmenstücke «Verschwöörig» mit dem etwas abgelutschten Thema Corona-Impfung sowie der Auftritt am ESAF zu bewerten.
Hochklassig dann aber wieder die Texte der Schnitzelbänkler «Spritzig Ryssblei» mit topaktuellem Seitenhieb an die Landratswahlen und dem «Rollator Rösli» die den Fussballstar Christian Ronaldo kurzerhand zu Christian Rollato machte. Fazit nach diesem grossartigen Cabaret-Abend: Sie haben’s wieder mal gepackt und das Fasnachtsfeuer gezündet!