Für jeden etwas am Nationalfeiertag
Liestal Die 1.-August-Feier auf Sichtern war ein fröhliches Volksfest mit allem Drum und Dran
Die Bürgergemeinde Liestal weiss sehr wohl, wie man den Geburtstag der Schweiz gebührend feiert. Auf dem Festplatz rund um die «Chornschüüre» auf Sichtern – sozusagen auf dem Liestaler Rütli – wurden Jung und Alt mit einem gut sortierten Programm und imposantem Finale mit Lampionumzug, Höhenfeuer und Feuerwerk bei Laune gehalten. Dazu steht mit Einwohner- und Bürgerrat Domenic Schneider ein OK-Chef an der Spitze, der mit diskreter Omnipräsenz das Publikum «spürt». Ohne dem oftmals geschmähten Hurra-Patriotismus zu verfallen, wurde in familiärer Stimmung ein Volksfest zelebriert, das dank der gehaltvollen und kritischen Ansprache der Liestaler Maturanden Ellen von Arx und David Schmutz und Florian Schneiders Betrachtung zum 1. August aus der Warte der Kultur, den Sinn des Nationalfeiertags nie verfehlte. Für den obligatorischen folkloristischen Part sorgten die Schwyzerörgeli Grossformation Tschoppenhof sowie die Stadtmusik Liestal, die nebst gefälliger Unterhaltungsmusik das Baselbieter Lied und den Schweizer Psalm zum Mitsingen intonierten. Mit einer gegensätzlichen musikalischen Stilrichtung trat sodann die Bubendörfer Rockband «The Pelicans» auf. Mit ihren grossartig vorgetragenen Country-Songs aus den 70er-Jahren ist dieses Quintett beim Publikum gut angekommen. Trotz anfänglich zweifelhafter Witterung war überraschend viel Volk auf dem Festgelände. Es gehört im Baselbieter Hauptort halt einfach zum guten Ton, sich am 1. August auf der «Sichtere» unter die Leute zu mischen.
Der Mythos Wilhelm Tell
Bevor der Oberbaselbieter Sänger und Liedermacher Florian Schneider seine «etwas andere» Festrede hielt, haben sich Ellen von Arx und David Schmutz in einer bemerkenswerten Analyse ihre Gedanken zur Zukunft der Schweiz aus der Perspektive der Jungen gemacht. Die vielen Veränderungen in Liestal oder überhaupt auf der Welt könne man negativ oder positiv sehen. Probleme habe es schon immer gegeben, was sich aber verändert hat, sind deren Lösungen, sagen sie überzeugt. Nach Aufzählung der vielen aktuellen Geschehnisse dann abschliessend die Sicht über ihr weiteres Leben: «Wir zwei stolpern blind und alleine in unsere Zukunft und hoffen das Beste.»
«Ich bin ein Theatermensch und möchte deshalb aus der Warte der Kultur erzählen, was mir zum 1. August so durch den Kopf geht», sagte Florian Schneider zu Beginn seiner lebhaften Ansprache. Der Rütlischwur der drei alten Eidgenossen sei ihm schon in der Kindheit bekannt gewesen, als seine Mutter, mit starkem Hang zur Poesie und Literatur, jeweils aus dem grossen Schauspiel von Friedrich Schiller mit den Hauptfiguren Tell und Gessler vorgelesen habe. Schiller habe als Theaterautor in dichterischer Freiheit diese spannende Story mit Tells Apfelschuss, Gesslers Tötung in der hohlen Gasse und so weiter als Schauspiel inszeniert und so sei sie allmählich zum Gründungsepos mutiert, sagte Schneider. Und so sei das Schiller-Schauspiel und die historische Geschichte der Schweiz deckungsgleich über Generationen mit immer mehr Fantasie ausgeschmückt und eben zum Mythos geworden. «Da sehen wir die verbindende Kraft des Theaters», lobt Schneider diese kulturelle Meisterleistung Schillers.