Erinnerungen ans Elternhaus
Sissach Lesung im Cheesmeyer
Diese Tiere dort auf der Weide, die fressen doch alle das selbe Gras, weshalb werden die einen zu Schafen, andere aber zu Kühen? Diese eigentlich naheliegende Idee, ist die eines gwundrigen Kindes, eine Frage an die Mutter. Aufgeschrieben hat sie Brigitte Muschg in ihren «Erinnerungen an mein Elternhaus – aufgeschrieben für meine Cousine Trix». Geschrieben habe sie immer aus tiefstem Bedürfnis, aber nie um Geld zu verdienen, denn sie wollte ihre Seele nicht verkaufen, so der kurze Text bei der Ankündigung der Lesung.
Es war die Schauspielerin Meret Bodamer, die aus den Erinnerungen las. Ihr zuzuhören war ein Erlebnis der besonderen Art, mit viel Einfühlungsvermögen las sie anderthalb Stunden aus den niedergeschriebenen Erinnerungen. Mit wenigen Bildern, projiziert auf eine Leinwand, wurde der Streifzug durch ihr Leben veranschaulicht. Die Autorin sass der Vorleserin im Publikum praktisch gegenüber, sodass manchmal eine berührende Intimität entstand oder vielleicht auch eine Komplizenhaftigkeit. Ein zahlreiches, wohl hundertköpfiges Publikum, folgte den Geschichten mit grossem Interesse und wie sich am Schluss zeigte auch mit Begeisterung.
Brigitte Muschg ist die Tochter von Walter und Elli Muschg, sie ist die Nichte von Adolf Muschg, dem Schriftsteller. Ihr Vater wirkte als Professor für neuere deutsche Literaturwissenschaft am Deutschen Seminar der Universität Basel. Er wurde als Vertreter des Landesrings in den Nationalrat gewählt, wo er sich vehement gegen die vom damaligen Bundesrat Eduard von Steiger vertretene «Das Boot ist voll»- Ideologie wehrte. Tausende von jüdischen Flüchtlingen wurden damals an der Einreise in die Schweiz gehindert, zurück geschickt in den sicheren Tod.
Im Hause Muschg in Riehen verkehrte nicht nur Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler, sondern auch der Schriftsteller Hans Henny Jahnn, Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt zählten zum Freundeskreis der Familie ebenso wie Rolf Hochhuth, der Autor des polemischen Stücks «Der Stellverteter». In den Aufzeichnungen von Brigitte Muschg finden sich immer wieder Episoden über die Begegnungen in ihrem Elternhaus. Die Erinnerungen sind nicht veröffentlicht, die Autorin hat bloss wenige Kopien angefertigt.