Ereignis mit neun Orgeln
Liestal Die Orgelfreunde luden zur sechsten Orgelnacht in der Stadtkirche ein
An der Orgel scheiden sich oft die Geister. Für die einen ist sie zu stark mit der Kirche verbunden, für die anderen ist sie schlichtweg die Königin der Instrumente. Für Ilja Völlmy Kudrjavtsev, den Organisten der Liestaler Stadtkirche, ist sie sicherlich das Höchste. Schliesslich ist er der Präsident der Orgelmusik der Stadtkirche und Künstlerischer Leiter der Orgelnacht. Ihm gelingt es immer wieder, die Orgelnacht zu einem speziellen Ereignis zu machen. Von 18.30 bis nach 23 Uhr spannt er den Bogen von diesmal zwei mal vier halben Stunden abwechslungsreicher musikalischer Kost.
Eröffnet wurde der Abend mit Drehorgeln und der Hauptorgel. Traditionelle Drehorgelstücke wechselten sich mit Highlights der Orgelmusik ab. Der nächste Musiker brachte gleich seine eigene Kirchenorgel mit. Der in Rouen tätige Organist Jean-Baptiste Monnot spielte auf der von ihm entwickelten Reiseorgel Werke von Bach bis Mozart. Die Reiseorgel wurde der Hauptorgel gegenüber im Chor der Kirche aufgestellt. Wie die zwei gleichwertigen Instrumente klingen, war dann im sechsten Teil zu hören. Zuvor spielte das Duo Artium aus Mulhouse Eigenkompositionen und Jazz Standards für Saxophon und Orgel. Der in St. Germain-en-Laye tätige Hubert Haye führte die Zuhörerinnen und Zuhörer in die hohe französische Orgelkunst eines César Franck und Charles-Marie Widor ein.
Dann aber erklang das «Duell» der Orgelgiganten. Hubert Haye und David Hirst, jeweils auf einer Orgel, spielten im Dialog Musik von Bryan Hersford und Léon Böellmann und liessen voll registriert auch mal die Fensterscheiben vibrieren, so gross war die Wucht und Kraft der Musik. Eine ganz andere Klangwelt liess das Quartett um Annina Völlmy (Cello), Ilja Völlmy Kudrjavtsev (Orgel), Jaroslav Kutsan (Flöte) und Christoph Gisin (Alphorn, Hang und Trompete) erleben. Mit dieser Weltmusik fand auch traditionelle Schweizer Musik mit getragenen Tönen Eingang in die Orgelnacht. Dabei zeigte vor allem Christoph Gisin sein Können an unterschiedlichen Instrumenten. Es war ein wohltuender Gegensatz zur vorhergehenden Klanggewalt.
Anschliessend zeigte mit Tirann’Amor ein Trio (Cécile Mansuy, Orgelpositiv, Cécilia Roumi, Sopran, und Azul Lima, Theorbe), dass die Orgel auch in der Renaissance im Zentrum stand, wenn hier auch eher als Kammermusik. Im Nachklang gab es gemeinsame Improvisationen auf allen Orgeln und Instrumenten.
Wiederum gelang es Ilja Völlmy Kudrjavtsev einen wirklich spannenden Orgelabend zu gestalten, der auf die nächste Orgelnacht glustig macht.