Eine Grossbaustelle mitten im Stedtli
Liestal Der «Stabhof» an der Rathausstrasse und der Kanonengasse wird rückgebaut und aufgewertet
Im historischen Zentrum wurde vor einigen Tagen ein weiterer Kran aufgestellt, welcher eine ganz spezielle Baustelle ankündigt, denn der «Stabhof» an der Rathausstrasse und der Kanonengasse wird rückgebaut und aufgewertet. Es versteht sich von selbst, dass das eine komplexe Grossbaustelle ist, bei welcher in mehreren Etappen vorgegangen wird. Es sollen neue Büroräume und rund 20 Wohnungen erstellt werden. Coop soll langfristig im «Stabhof» bleiben.
Das Gebiet Stabhof hat eine lange und interessante Geschichte. Hier standen früher zwei renommierte Gasthöfe, nämlich der «Stab» und der «Schlüssel». Bereits anno 1435 werden der «Rote Schlüssel» und als Nachbarhaus die Liegenschaft «Zem roten Kopf», später «Stab» erwähnt. Besonders der Schlüssel hatte im Lauf der Jahrhunderte nicht selten hohen Besuch (z.B. Gesandte Frankreichs unter anderem auch Napoleon Bonaparte). Aber auch in den Trennungswirren spielte der Schlüssel eine zentrale Rolle, weil hier die eidgenössischen Gesandten übernachteten.
1904 erwarb der Konsumverein Liestal und Umgebung den Schlüssel, um hier seine Verkaufsflächen zu vergrössern und die Verwaltung anzusiedeln. Während einer Reihe von Jahren befand sich in einigen Räumen im 1. Stock die Berufsschule des Kaufmännischen Vereins.
1911 ging die Liegenschaft Stab ebenfalls in den Besitz des Konsumvereins über. Die Liegenschaften an der Rathausstrasse, der Kanonengasse und im «Stabhof» dienten lange Zeit als Drehscheibe des Konsumvereins Liestal und Umgebung. Von hier aus wurden die vielen Filialen in und um Liestal mit Waren beliefert. Neben dem Lager für Spezereiwaren waren im «Stabhof» auch ein Gemüselager, eine Weinkellerei sowie eine Abteilung für Brennmaterialien untergebracht. Im «Stabhof» befanden sich neben einem grossen Konsumladen auch ein Geschirrladen und ein Stoffladen sowie im 1.OG ein Schuhgeschäft.
Irgendeinmal kamen die Gebäulichkeiten in die Jahre, und der Konsumverein entschied sich für eine Gesamtsanierung, d.h. alle alten Gebäulichkeiten wurden dem Erdboden gleich gemacht. So entstand mitten in der Liestaler Altstadt ein neues grosses und für damalige Verhältnisse top modernes Einkaufszentrum. Im Herbst 1963 bot sich ein seltener Anblick, weil durch die grosse Baugrube die Sicht von der Rathausstrasse in die Kanonengasse frei war.
Die Liestaler Bevölkerung hatte den neuen «Stabhof» in ihre Herzen geschlossen, und das neue Zentrum samt Restaurant wurde zu einem beliebten Treffpunkt. Neu für Liestal war auch die Tatsache, dass die Verkaufsebenen im Parterre und im 1. Stock mit einer Rolltreppe verbunden waren. Für uns Kinder war es damals ein Gaudi, wenn wir uns im neuen Einkaufsparadies – sehr zum Unmut des Personals – zum Rolltreppen-Fahren trafen. Ein Teil des Gebäudekomplexes in der Kanonengasse diente während langer Zeit als Sitz der Verkehrsabteilung der Kantonspolizei.
Leider ist von diesen glanzvollen Zeiten nicht mehr viel übrig geblieben. Verschwunden sind das Restaurant und die Verkaufsabteilungen im 1.Stock. Natürlich müssen sich auch die Grossverteiler den veränderten Einkaufsgewohnheiten anpassen, doch hoffen wir, die Aussicht auf den Verbleib von Coop im «Stabhof» sind nicht nur leere Versprechen.