Ein anderer Blick auf ein Jahrhundert
100 Jahre Pfadi Liestal Die grösste Jugendorganisation schenkt sich ein Buch und eine Ausstellung zum Jubiläum
Die Pfadi Liestal ist vergangenen Freitag mit einer gut besuchten Veranstaltung im Rathaus von Liestal in ihr Jubiläumsjahr gestartet. Da weitaus nicht alle der rund 160 Besucher/-innen im Stadtsaal Platz fanden, wurden die Reden per Videostream ins Foyer im Erdgeschoss übertragen. «Wir freuen uns wahnsinnig, dass so viele gekommen sind», sagte der Medienverantwortliche Stephan Müller nach dem Anlass zur ObZ. Aus der ganzen Schweiz und sogar aus dem Ausland seien ehemalige Pfadi angereist und hätten alte Bekannte begrüsst.
Die Pfadi Liestal wurde 1924 gegründet, ein Jahr später kam die Mädchen-Pfadi dazu und seit den 1990er-Jahren sind beide gemeinsam unterwegs. Wie sich die «grösste Jugendorganisation» (weltweit, aber auch von Liestal) in dieser Zeit entwickelt hat, veranschaulichen eine Ausstellung im «Dichter:innen und Stadtmuseum» (DISTL) und ein neues Buch, herausgegeben von einem Redaktionsteam um Markus Christ, Thomas Baumgartner, Verena Baumgartner Schölly, Elvira Langendorf und Stephan Müller. Laut Müller haben insgesamt 60 bis 80 Personen am Buch und an der Ausstellung mitgewirkt. Ergänzend finden im Jubiläumsjahr mehrere Veranstaltungen statt.
Erschienen ist das Buch beim Verlag Baselland in der Serie «Quellen und Forschungen». Susanne Kaufmann von der zuständigen Kommission würdigte es für den «anderen Blickwinkel», den es ermögliche – auf die Kleinstadt Liestal, aber auch auf gesellschaftliche und soziale Entwicklungen. Die Quellenbasis sei komfortabel gewesen, da kürzlich unter der Leitung von Thomas Baumgartner ein umfangreiches Archiv erstellt worden sei.
«Das Buch schaut zurück auf 100 Jahre Abenteuer, Wachstum und Freundschaft», ergänzte Verena Baumgartner.Es beleuchte aber auch die grundsätzlichen gesellschaftlichen Fragen, die das letzte Jahrhundert und die Pfadi als Organisation mit sich gebracht hätten. Elvira Langendorf gab einige Kostproben davon, etwa aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, als Liestaler Pfadfinder als «Melder» Aktivdienst leisteten. Besonders interessant: Die zitierte Quelle ist Frank Lüdin, damals 19-jähriger Pfadi, später Chefredaktor der «Basellandschaftlichen Zeitung» – ein Beispiel für den «anderen Blickwinkel» des Buches. Ein weiteres Thema sind die Mädchen: «Die Pfadi war der einzige Ort, an dem sie führen und lernen durften», kommentierte Verena Baumgartner. Thematisiert wird auch, dass in der Pfadi alle willkommen sind – seit 45 Jahren ermöglicht «Pfadi trotz allem» Jugendlichen mit einer geistigen oder körperlichen Beeinträchtigung, am Pfadileben teilzuhaben.
Der Buchtitel «Punkt-Strich-Punkt-Punkt» bezieht sich übrigens auf das Morsezeichen des Buchstabens L wie «Liestal», das als Erkennungszeichen der Liestaler Pfadi dient. Weitere «Mythen des Lagerlebens» sowie Geschichten über Freundschaften und Netzwerke gibt es in der Ausstellung im DISTL zu entdecken. Besucher/-innen können zudem Pfadiknoten knüpfen, sich einen Pfadinamen generieren lassen oder einen Lagerplatz in Miniaturform bauen.
Als Jubiläumsredner trat am Freitag auch Regierungsrat Isaac Reber auf, selber ehemaliger Pfadi in Sissach. Er gab einige Anekdoten aus seiner Pfadizeit zum Besten und strich eine Qualität der Pfadi besonders heraus: «die Bereitschaft und den Mut, Verantwortung zu übernehmen». Das sei etwas, das man nur durchs «Machen» lernen könne – alles andere über die Pfadi könne man im neu erschienenen Buch nachlesen.
Pfadi-Jubiläum: 100jahre.pfadi-liestal.ch
Buch: www.verlagbaselland.ch
Ausstellung und Veranstaltungen: distl.ch