Der erste Ton kommt schnell...
Alphorn-Trio Frenkendorf Lebendige Alphorn-Szene in der Nordwestschweiz
Ein, zwei Töne bringt jede und jeder schnell aus einem Alphorn heraus. An privaten und geschäftlichen Anlässen werden manchmal Crashkurse angeboten, an denen die Teilnehmenden die Grundlagen lernen und dann in einem Spasswettbewerb gegeneinander antreten können. Alles innerhalb einer Stunde. Doch der Eindruck täuscht: Das Alphorn ist ein sehr anspruchsvolles Instrument, das viel Übung verlangt. «Von zehn Naturtalenten brauchen sieben mindestens zwei Jahre, bis sie auftreten können», weiss Josef Mühlebach, Kurschef der Alphornvereinigung Nordwestschweiz (AV NWS).
Der «Tonvorrat» des Alphorns ist beschränkt, da es keinerlei Tasten oder Ventile besitzt. Um ein Stück spielen zu können, sind aber mindestens sechs oder sieben Töne nötig. «Die höheren Töne musst du dir erarbeiten und man kann nur die Naturtonreihe spielen», erklärt Josef Mühlebach. Und die führende Stimme in der Alphornliteratur bewege sich vorwiegend in den höheren Lagen.
«Mittelalterliche» und Junge
Die AV NWS betreibt deshalb ein reges Kurswesen. Im Frühling ist ein Weiterbildungskurs angesagt und ab Februar finden die ersten Schnupperkurse des Projekts «Nachwuchsförderung» statt, das letztes Jahr ins Leben gerufen wurde (www.alphornvereinigung.ch/nachwuchs). «Wir haben nicht ein grosses Nachwuchsproblem», hält Josef Mühlebach fest. Jedes Jahr gebe es zehn bis 15 Neueintritte, aber hauptsächlich von «Mittelalterlichen», die meistens schon Alphorn spielen würden oder aus der Blasmusik kämen. Die ganz Jungen ab acht Jahren – also sobald das Alphornspielen aufgrund der Zahnstellung her überhaupt möglich sei – seien hingegen rar. An den Musikschulen werde zwar Alphorn unterrichtet, meistens von Trompeten- oder Posaunenlehrern, aber ihre Schülerinnen und Schüler würden selten in der Alphornvereinigung auftauchen. «Plötzlich ist dann der Fussballclub oder ein anderes Hobby wichtiger», ist sich Josef Mühlebach bewusst.
Für Erwachsene, die Alphorn lernen möchten, sind die sogenannten Lokalkurse, wie sie beispielsweise im Baselbiet in Buus oder in Arlesheim angeboten werden, die Anlaufstellen. Der Eintritt in eine bestehende Alphorn-Formation ist dann nochmals ein weiterer Schritt: «Wenn man in eine Gruppe kommt, muss man schon etwas können», sagt Josef Mühlebach. «Man wird ins kalte Wasser geworfen, denn das mehrstimmige Zusammenspielen hat wiederum seine Tücken.»
Alphornmusik an Jodler- und Schwingfesten
Auftrittsmöglichkeiten gibt es viele, unter anderem an Jodlerfesten – schliesslich ist die AV NWS dem Nordwestschweizerischen Jodlerverband angeschlossen. Vom 10. bis 16.Juni steht etwa das Nordwestschweizerische Jodelfest in Bad Zurzach an. Für viele der 280 AV-Mitglieder heisst das, dass sie momentan «Dr Zurzacher» üben, damit sie dieses Stück dann im Juni gemeinsam vortragen können. Auch das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) in Pratteln vom 26. bis 28. August wird Alphornbläsern eine Bühne widmen, sei es als Programmteil, sei es frei auf dem Gelände.
Eine lebendige Szene
Ausser denjenigen, die in der Alphornvereinigung organisiert sind, gebe es auch Einzelne, sogenannte «Wilde», sagt Josef Mühlebach. Diese würden manchmal auch experimentellere Sachen spielen, die nicht gang und gäbe seien, «was nicht verboten ist», wie das AV-Vorstandsmitglied betont. Die Organisierten seien hingegen meist der Tradition verbunden. Gemäss den Statuten soll die Alphornmusik als schweizerisches Kulturgut erhalten und gefördert werden.
Von den zahlreichen Alphorngruppen im Gebiet der AV NWS, das die Kantone Solothurn, Aargau und die beiden Basel umfasst, befinden sich einige im Baselbiet. Wie viele es genau sind, ist schwer zu sagen, weil sie sich manchmal wieder auflösen und oft Personal ausgetauscht wird: Kameradschaftspflege und das gegenseitige Kennenlernen gehört ebenso zur AV dazu wie das Üben und Spielen, deshalb ergeben sich die Kontakte und der gegenseitige Austausch schnell.
Alphorn-Trio Frenkendorf
Die Gruppe, in der Josef Mühlebach mitspielt, ist in Frenkendorf daheim – das Alphorn-Trio Frenkendorf. Dessen zwei Gründer, Toni Mathis und Kurt Blank, lernten sich vor zwölf Jahren an einer «Stubete» auf dem Gempen kennen. Als sie feststellten, dass sie beide aus Frenkendorf kamen, beschlossen sie, gemeinsame Sache zu machen. Kurzum fragten sie Josef Mühlebach an, und das Trio war geboren. «So schnell geht es manchmal», meint Kurt Blank.
Blank hatte in jungen Jahren Trompete gespielt und erst mit 65 mit Alphorn angefangen. «Klar ist es mir geblieben, wie es ist, ein Mundstück am Mund zu haben», erzählt er. Die ersten Töne seien schnell gekommen, aber für das Übrige habe er genauso «dranbleiben» müssen wie ein völliger Anfänger.
Tony Mathys hatte vor 30 Jahren ein Alphorn gekauft, kam aber alleine nicht weiter. Nach einer langen Pause reifte in ihm die Idee, Gleichgesinnte zu suchen.
Seither treffen sich die drei Alphornbläser jeweils am Montag zum Üben, meistens im Freien, oder, wenn es regnet, unter einem Vordach. Für den Winter stellt ihnen die Gemeinde ein Lokal im alten Schulhaus zur Verfügung.
Im Vordergrund steht die Freude an der Musik, nicht der Wettbewerb. Toni Mathys erinnert sich mit gemischten Gefühlen an das erste Wettblasen, an dem das Trio teilgenommen hatte: «Wir waren eine Stunde zu früh da und wurden Letzte. Das Beste an dem Tag war die Bratwurst!», scherzt er.
Inzwischen ist einige Zeit vergangen: Nach zwölf Jahren ist das Alphorn-Trio Frenkendorf eine gefragte Formation und oft unterwegs, etwa an 1.-August-Feiern, an volkstümlichen oder privaten Anlässen – obschon die Auftritte seit der Pandemie abgenommen haben. In Frenkendorf spielen sie häufig, etwa beim Empfang der Partnergemeinde, an Anlässen der Bürgergemeinde oder an der GV des Seniorenvereins. Auch in den Beizen sind sie wohlbekannt.
Um die Gage gehe es ihnen nicht, sagt Josef Mühlebach: «Das Publikum mit schönen Alphornmelodien unterhalten und mit den Leuten ins Gespräch kommen und dabei etwas trinken, das ist, was uns Freude macht.» Kurt Blank ergänzt: «Das Hauptziel ist, die Alphornmusik zu pflegen, sprich das volkstümliche und einzigartige Instrument den Leuten näherzubringen.»