Blick in eine andere Zeit
Jubiläum Vor 50 Jahren hat Daniel Tschopp einen Film über Ziefen gedreht – Mitte November wird er zweimal gezeigt
Wenn man das Dorf im hinteren Frenkental an einem verkehrsarmen Nachmittag besucht, möchte man fast meinen, dass sich in den letzten 50 Jahren gar nicht so viel verändert hat. Die prächtigen Bauernhäuser entlang der Hauptstrasse, die grünen Felder ringsum, alles sieht fast so aus wie im Ziefner Dorffilm von 1972.
Das Einzige, was fehlt, sind die Massen von Blumen, die damals an jeder Ecke, an den Fenstern und in den Gärten blühten und von Männern mit Hosenträgern und Strohhut oder Hausfrauen in gemusterten Kleidern gepflegt wurden. Und schwerlich dürfte man heute einem Bauern begegnen, der sein Pferd durchs Dorf zum Hufschmied führt oder einem Müller, der auf seinem Vorplatz Mehlsäcke verlädt.
Daniel Tschopp, Christian Steiner und Jürg Tschopp waren sich bewusst, dass sie mit der Kamera eine Welt einfingen, die es bald nicht mehr geben würde. Sieben Webstühle waren im Dorf noch im Betrieb, die Sägerei hatte erst kürzlich geschlossen, der Sattler ging noch immer seinem alten Handwerk nach, die letzten pferdegezogenen Sämaschinen waren auf dem Acker im Einsatz, der Dorfschuhmacher trieb seine Leder-Nähmaschine mit dem Fusspedal an, in der Werkstatt des Zimmermanns ratterten die Transmissionsbänder, obwohl schon modernere Geräte verfügbar waren – alles eine Frage der Zeit, bis das alles ganz verschwinden würde.
Charmante Körnigkeit
Gerade weil der Dorfkern optisch bis heute erhalten ist, aber sich die Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Tätigkeiten komplett geändert haben, bietet der Dorffilm einen reizvollen Vergleich. Das zweistündige Werk wirkt erstaunlich modern, mit schnellen Schnitten und schönen Bildern: von Landschaftsaufnahmen der damals noch mit Obstbäumen übersäten Hügel über die Hochzeit in der vollen Kirche bis zur Bauernfamilie beim lustigen, gemeinsamen Heuen und beim «Znüni» unter einem schattigen Baum.
Die Bildqualität ist relativ hoch, die Körnigkeit erhöht nur den Charme. «Super 8 ist weicher als Digitalfilm und das Bild eher schöner», stellt Filmemacher Daniel Tschopp fest.
Nur die musikalische Untermalung, schwankend zwischen Ländler und Bigband-Jazz, ist ein bisschen schmalzig. O-Ton gibt es selten zu hören, etwa in der Szene, wo die drei Filmemacher schalkhaft die Frauen interviewen, die im «Konsum» einkaufen.
Zahlreiche Schmunzelmomente ergeben sich durch die nachträglichen Kommentare. «Ein Verletzter?», fragt die Off-Stimme, als Feuerwehrmänner bei einer Übung einen Körper aus einem verrauchten Hauseingang tragen. «Ah nei, dä het nur chli zvill suure Moscht verwütscht.»
Rund 30 Filme gedreht
Daniel Tschopp und seine beiden Helfer präsentieren den Ziefner Dorffilm zum 50-Jahre-Jubiläum am Wochenende vom 12. und 13. November in der Mehrzweckhalle Eien.
Aus Erfahrung rechnet Daniel Tschopp mit viel Publikum. «Es beschäftigt mich ein bisschen», gibt der 83-Jährige zu. Er wolle nicht, dass zu viele Leute kämen und dann draussen bleiben müssten. Eine Reservation (siehe Infos am Artikelschluss) ist deshalb strikt empfohlen.
Der Dorffilm mit Aufnahmen von 1968 bis 1971 war eines der ersten Werke von Daniel Tschopp und viele weitere sollten noch folgen, schätzungsweise rund 30. ,
Am bekanntesten sind seine Dokumentarfilme über altes Handwerk und Dorforiginale, etwa der Film «S’Roseli vo dr Lachmatt», mit dem er 16 Mal für ausverkaufte Aufführungen gesorgt hat. Er hat 1997 die letzte Fahrt des «Migrosautos» gefilmt, war beim Neubau der Wasserfallenbahn 2006 jeden zweiten Tag mit der Kamera auf der Baustelle und hat 2016 einen Dorffilm über Arboldswil realisiert.
In seinen Schränken lagert noch stundenweise Material, das zum Teil noch gar nicht digitalisiert ist und auf die Bearbeitung wartet.
Wer das Glück hat, Daniel Tschopp in seinem Haus besuchen zu dürfen, kann sich die Originale im 30-plätzigen Hauskino direkt ab Projektor anschauen. Und sich vom Ziefner Dorffilmer die dazugehörigen Anekdoten erzählen lassen.
50 Jahre Ziefner Dorffilm, Samstag, 12. November, 19.30 Uhr (Essen um 18 Uhr), Sonntag, 13. November, 14 Uhr (mit Kaffee und Kuchen).
Da die Plätze äusserst knapp sind, ist eine Reservation für Essen und Film unter info@verein4417.ch oder Tel. 079 233 85 71 empfohlen.