«Alle tun, was sie können»
Liestal Das Frenkenbündten nahm den 1. August zum Anlass, mal wieder zu feiern, wenn auch anders als gewohnt
Gewöhnlich spielt die Schwyzerörgeli-Grossformation Tschoppehof nicht vor leeren Rängen. Am 1. August machte sie eine Ausnahme: im Alterszentrum Frenkenbündten. Dort spielt das Ensemble seit Jahr und Tag zum Nationalfeiertag – gewöhnlich vor 200, 300 Zuhörern. Doch eben: Corona. Das Haus hatte aus Sicherheitsgründen Besuche von Angehörigen untersagt. Doch nur für diesen einen Tag, denn seit der Öffnung am 9. Juni bis zum 31. Juli zählte es sagenhafte 1500 Besuche.
Ihren Auftritt wollten sich die Musiker aber nicht nehmen lassen – und das Altersheim nicht ihre beliebte Feier. So wurde das Traditionskonzert kurzerhand zum Balkonkonzert. Die «Tschoppehöfer» spielten draussen auf der Terrasse, während es sich die Bewohnerinnen und Bewohner im Restaurant oder auf ihren Balkonen gemütlich machten – inklusive Liveübertragung. 1.-August-Feier einmal anders. Doch eben: eine Feier, überhaupt. Das gab es lange Zeit nicht.
«Holz alänge»
Um zu beschreiben, was den Heimalltag im Alterszentrum Frenkenbündten in Liestal in diesem Jahr prägte, braucht es genau ein Wort: Corona. Und das, obwohl das Heim keinen einzigen Fall zu gewärtigen hatte, weder unter den Bewohnern noch unter den Mitarbeitenden. Judith Wernli greift nach dem nächsten Stück Holz, der Tischplatte vor ihr, und sagt: «Holz alänge.»
Wernli leitet den Bereich Aktivierung im Frenkenbündten. Unter ihrer Ägide jasst die Jassgruppe, kocht die Kochgruppe, backt die Backgruppe, strickt die Strickgruppe und lacht die Männergruppe. Als das Heim am 15. März auf behördliche Weisung ein Besuchsverbot erliess, stieg die Verantwortung von Judith Wernlis Team schlagartig auf eine neue Ebene. Denn es war die Aktivierung, die versuchte, die fehlenden Besuche von Angehörigen und Freunden zu kompensieren. «Die Aktivierung hat bei uns ohnehin eine grosse Bedeutung; jetzt haben wir noch eins draufgesetzt», sagt sie. Ihr Team splittete die einzelnen Gruppen, um die Abstände untereinander einzuhalten, startete neue Projekte wie das Malatelier, aus dem in der Zwischenzeit schon so manches Kunstwerk hervorgegangen ist, und weitete das Angebot auch auf die Wochenenden aus.
«Wir sind hier bestens aufgehoben»
Ausserdem halfen Mitarbeiter aus dem Restaurant aus, dessen Türen erst seit dem 15. Juli wieder für die Öffentlichkeit offenstehen. «Die Pandemie hat nicht nur mein Team zusammengeschweisst, sondern ganze Bereiche.» Es ist immer schwierig, das Gute bei all dem Strapaziösen um einen zu sehen. Die interdisziplinäre Verbundenheit und der Kitt unter den Mitarbeitern, die die Pandemie befeuerte aber, ist auf jeden Fall durchwegs gut.
Alle gaben – und geben – ihr Bestes und schaffen so Grossartiges. So sieht das die Heimleitung. Und so sieht das auch die 94-jährige Klara Stähelin. Sie strahlt, als sie erzählt, wie gut das hier im Haus alle machen würden, wie viel Mühe sie sich gäben und wie wohl sie sich dabei fühle. «Es geht ja nicht anders; ich habe volles Verständnis für die Massnahmen.»
«Wir sind hier bestens aufgehoben», bestätigt Hans Steiner. «Alle tun, was sie können – damit wir gesund bleiben.» Er ergänzt, dass es jene «da draussen» mit Existenzängsten doch viel schwerer hätten als sie hier in diesem sicheren Hafen. Und was dem Personal alles abverlangt werde, könne er sich gar nicht vorstellen. «Aber die machen das alle vorbildlich.»
Motiviert, geduldig, verständnisvoll
Das Alterszentrum Frenkenbündten ist, Stand heute, gut, ja sehr gut durch die Wogen der Pandemie gekommen. Mit motivierten Mitarbeitern, geduldigen Bewohnern, verständnisvollen Angehörigen und vor allem ohne Coronafälle.
Das ist auch dem Umstand zu verdanken, dass bereits am 24. Februar der hauseigene Pandemiekrisenstab seine Arbeit aufnahm. Man kommunizierte offensiv und entwickelte Lösungen, die
schnell zur Hand und umsetzbar sein mussten. An der Perfektion konnte man dann noch immer feilen. Und tut es nach wie vor. Die Schwyzerörgeler spielen derweil im Garten ihr zweites Konzert, von den oberen Stockwerken lauschen die Bewohner den heimatlichen Klängen. Das «Baselbieter Lied» ertönt, und durch die geöffneten Fenster wabern die ersten Duftschwaden vom Grill. Der hat nämlich ebenso Tradition am Nationalfeiertag im Frenkenbündten. Klara Stähelin winkt zum Abschied: «Und jetzt freue ich mich auf die Bratwurst.»