Wetterexperte und Publikumsmagnet
Sissach An der Nordwestschweizerischen Obstbautagung wurden einmal mehr interessante Referate präsentiert
«Kaum zu glauben, dass die Nordwestschweizerische Obstbautagung bereits zum 12. Mal stattfindet», wunderte sich Philipp Gut, Fachstelle Spezialkulturen, Bildungszentrum Wallierhof, Riedholz. Er begrüsste am Montag letzter Woche eine grosse Schar der regionalen Obstbauproduzent/-innen sowie Vertreter von Obstbauorganisationen der Nordwestschweiz zu einer spannenden Zusammenkunft am Ebenrain Zentrum für Landwirtschaft in Sissach. Er fuhr weiter: «Vor über zwölf Jahren ergriffen die Baselbieter Obstproduzenten die Initiative und fragten ihre Nachbarkantone Aargau und Solothurn an, ob gemeinsam eine jährliche Obstbautagung organisiert werden könne. Diese waren einverstanden, und seither wird sie jedes Jahr durchgeführt.» Im Wechsel ist jedes Mal ein anderer Kanton zuständig für die Organisation.
Ein vielseitiger Betrieb
Auf unterhaltsame Weise stellte Stefan Ritter, Maurer EFZ, Meisterlandwirt und Vizepräsident BOV, seinen 25 Hektaren Betrieb Hof Rotmatt in Buus vor, den er Anfang 2015 von seinen Eltern übernommen hatte. Er ging ein auf die Betriebszweige Obst und Beeren, Milchwirtschaft, Ackerbau, Direktvermarktung. Er sprach über moderne Anbausysteme und Abdeckungen, Düngung und Bewässerung und den Schnitt. Die Kirschen stehen in Spindelform in einer gedeckten Anlage, die Zwetschgen sind ohne Abdeckung und Netz. Die vor fünf Jahren in Betrieb genommene Heidelbeeranlage (rund 0,5 Hektare) wird rundum mit Insektennetzen versehen. Die Freiland-Erdbeeren (20 Aren) verfügen über keinen Schutz. Bei der Ernte wird Familie Ritter unterstützt von Verwandten, Bekannten und Pensionierten, je nach Arbeitsanfall auch von ausländischen Arbeitskräften. Die Sortierung und Verpackung des Steinobsts erfolgen auf dem Hof. «Selbstverständlich bezahlen wir allen Helfern/-innen einen Lohn», erklärt der Betriebsleiter. Er sinnierte darüber, wie die Zukunft auf seinem Hof aussehen könnte. Gesamtbetrieblich sieht er vor, beim Steinobst und den Heidelbeeren die Sortenvielfalt zu verringern, um wirtschaftlicher und effizienter arbeiten zu können. Die Milchwirtschaft wird in Zukunft je länger, je mehr an Stellenwert verlieren. Die Administration muss weiter vereinfacht werden, beispielsweise mit verfügbaren EDV-Lösungen, welche Obstproduktion, Ackerbau und Milchwirtschaft vereinen.
Bakterienkrankheit Pseudomonas
Dennis Mernke vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg hielt seinen Vortrag über «Pseudomonas – Bakterienkrankheit an Kirsche und Zwetschge» über Video. Er zeigte die möglichen Eintrittspforten der Krankheit auf, wie beispielsweise Wunden, verursacht durch Astbruch, Frost, Hagel oder Schnitt. Als eine wichtige Bekämpfungsmöglichkeit nannte er das Weisseln (Kalkanstrich) des Stamms, und zwar bis in die Krone, am besten vor dem ersten Frost.
Bei «Obsi» handelt es sich nicht um eine neue Jassart, sondern um die Abkürzung von «Obstsortensichtung auf Praxisbetrieben», ein einheitliches Sammeln von Sorteneigenschaften unter Produktionsbedingungen der Praxisbetriebe. Es handelt sich um ein komplementäres Projekt zum Agroscope-Steinobstsortenteam und soll die Praxistauglichkeit von neuen Sorten prüfen. Diesen neuen Austausch unter Betrieben stellte der Obstproduzent und Ackerbauer Beat Sprenger von Wintersingen vor.
«SRF Meteo gehört nicht zur Unterhaltung!»
Nach dem Mittagessen, welches in einem Stehlunch am reich gedeckten Buffet der Baselbieter Apérobäuerinnen bestand, traf immer mehr Prominenz ein. Es war offensichtlich: Der angekündigte Vortrag von Thomas Bucheli, Wetter- und Klimaexperte, warf an diesem sonnigen Tag lange Schatten voraus. Als wichtige Information schickte er voraus: «Meteo SRF gehört ‹im Fall!› zur Abteilung Info – und nicht zur Unterhaltung!» Der Fachmann erklärte, wie treffsichere Wetterprognosen entstehen, wie Klimaerwärmung und Wetterextreme auftauchen. Er ging zurück in die Zeit vor 1960, als Wetterprognosen ohne Wettersatelliten erstellt werden mussten. Er zeigte globale Wetterkarten, wo munzig klein irgendwo Sissach zu lesen war.
Er redete über den Kampf der Luftmassen, die Polarfront, den Jetstream und Rossby-Wellen. Seine Ausführungen waren untermalt mit «verrückten» Darstellungen von Grosswetterlagekarten sowie Jahresmitteltemperaturen- und Starkniederschlagsgrafiken. Eine Folie drängte die nächste. Es war trotzdem kein gehetztes Referat, sondern eine abwechslungsreiche einstündige Fortsetzungsgeschichte. Eben glaubte man noch, den Grund für die sommerlichen Trockenperioden verstanden zu haben, verlor man den Zusammenhang zu den Stark- und Extremniederschlägen. Das Thema Wetter und Klima beschäftigt bekanntlich die Bauernschaft. Das bewiesen auch die vielen Fragen, die nach dem Vortrag dem Referenten gestellt wurden.
Am Ende eines langen Tages, prall gefüllt mit Informationen, hielt Ernst Lüthi, Präsident BOV, fest: «Es ist spürbar, dass diese Tagung weiterhin geschätzt wird. Nächstes Jahr wird sie vom Verband Aargauer Obstproduzenten VAOP in Eiken organisiert.»