Nordische Klanglichter im November
Sissach Stimmungsvolles Konzert in der oberen Fabrik
Um die Flamme der Kunstschaffenden in Zeiten von Corona nicht vollständig ausgehen zu lassen, gab die Initiantin und daselbst Pianistin der Konzertreihe «Klanglichter» mehr als ihr Bestes und hat vergangenen Samstag zum Konzert in die Obere Fabrik Sissach eingeladen.
Die Hindernisse bis zum Konzert waren erheblich. Corona-bedingte Ausfälle der ursprünglich geladenen Solisten musste sowohl musikalisch als auch logistisch mehrmals umorganisiert werden. Als Lohn für diesen ausserordentlichen Einsatz im Dienst der Kultur, durfte der Verein Konzertgesellschaft «Klanglichter» jedoch überaus zahlreiche Anmeldungen verzeichnen. Aus diesem Grunde wurde das Konzert gleichentags zwei Mal vor je 50 Gästen dargeboten. Eigentlich haben sich «Klanglichter» in diesem Jahr den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft gewidmet. Aus aktuellen Umständen konnten leider nicht alle zum Klingen gebracht werden.
Derweil die Aufführung der Naturkraft «Erde» auf Januar nächsten Jahres verschoben wurde, durfte nun mit berechtigtem Stolz die Fortsetzung des Programms unter dem Motto «Wasser» mit Werken des Finnen Jean Sibelius (1865–1957), des estnischen Komponisten Arvo Pärt (*1935), des Böhmen Antonin Dvorak (1841– 1904) und des Russen Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) bestätigen.
Nordischen Stimmungsbilder also, die von Paola De Piante Vicin (Klavier) und Lev Sivkov (Violoncello) interpretiert wurden und die ein virtuoses Spiel hohen Grades von beiden Künstlern abverlangten. So dann eröffnete sich unter beflügelnder Sicherheit, Virtuosität und Genauigkeit der Pianistin die packende Darbietung des jungen aus dem fernen Sibirien stammenden Cellisten Lev Sivkov. Er brauchte sein Instrument genau dazu, wofür es ein Musiker brauchen soll, nämlich sich darüber auszudrücken, was ihn seelisch bewegt. Dies erreichte Sivkov zweifelsohne, schien er geistig vollständig mit seinem Cello Eins zu werden, um die aus der Tiefe dieser Kunst ausgedrückten Gefühle erklären zu wollen. Dies hat er getan, dieser Mann, jung und bescheiden, doch aus der Weite des Herzens, das nur aus derselben Weiten seiner Heimat entstammen kann. Wunderschön die «Romance» und das «Religioso» aus Jean Sibelius «Vier Stücken op. 78» oder aus der mit Begeisterung applaudierten Zugabe, magistral gestützt durch die feine Darbietung der Pianistin. Aber auch aus den Musikzeilen von Dmitri Schostakowitsch (Sonate für Violoncello und Klavier d-Moll op. 40) konnten die beiden Solisten schöne Momente und Eindrücke interpretieren. Nordische Glanzlichter also, die das Lebensgefühl der Nordländer wiedergeben.
Bei Arvo Pärts erhabenen und eindringlicher Komposition «Fratres» kamen schon mal traurig schöne Momente zum Ausdruck, bei denen sich ein Netz von Gedanken ausbreitete, die man nicht mehr richtig einzuordnen wusste. Dies verwundert nicht, hat das Werk ein eigenes Genre und ist der Neuen Musik zuzuordnen.
Ein Fan von Pärts «Fratres» schrieb: «Durch dieses Musikstück bin ich weniger traurig, eines Tages zu sterben, und weniger deprimiert darüber zu leben». Eigentlich passend zu einer Zeit, in welcher uns die kursierende Krise teilweise in Perspektive -und Ratlosigkeit verharren lässt. Kultur, in welcher Form diese auch daherkommen mag, findet immer ihre dankbaren Abnehmer und entführt jedermann, mehr oder weniger leidgeprüft wie er auch sein mag, für eine kurze Zeit in die verdiente Sorglosigkeit. Der anhaltende herzliche Applaus bestätigte, dass die Emotionen beim Publikum angekommen sind.