Das öffentlichste Ehepaar der Schweiz

Sissach Schreiber versus Schneider im literarischen Zweierdisput

Die spitzfindigen Dialoge sorgten für grosse Heiterkeit.

Die spitzfindigen Dialoge sorgten für grosse Heiterkeit.

Improvisierten mit spontanen verbalen Einwürfen.Fotos: s. van riemsdijk

Improvisierten mit spontanen verbalen Einwürfen.Fotos: s. van riemsdijk

Es wehte am letzten Freitag ein Hauch von Nostalgie durch die engen Stuhlreihen in der mit 70 Besuchenden voll besetzten Gemeindebibliothek. Vor gut acht Jahren hatte das öffentlichste Ehepaar der Schweiz die jetzt jubilierende Bibliothek schon mal mit einer Vorlesung geehrt. Im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten zu 50 Jahren Freihandbibliothek Sissach und des ersten BiblioWeekends Schweiz gab das bekannte literarische Ehepaar Schreiber & Schneider in der Gemeindebibliothek wieder eine Kostprobe ihrer humoristischen verbalen Schlagabtäusche und stellten unter Beweis, dass sie in den vergangenen Jahren nichts von ihrer Schlagfertigkeiten eingebüsst haben.

Es überwiegen viele Gemeinsamkeiten

Seit unterdessen 22 Jahren tingeln Sybil Schreiber und Steven Schneider als meistgelesene Kolumnisten im Gratisblatt der Coop durch die Schweiz und unterhalten auf der Bühne ihre grosse Fangemeinde im Rahmen ihrer Leseprogramme mit viel Ironie über ihre Erfahrungen in einer gemeinsamen Geschichte mit dem Namen «Beziehung». Diese eint sie zwar, ist jedoch wie alle Beziehungen nicht frei von Problemen. Dafür aber überwiegen die vielen Gemeinsamkeiten, die wohl auch ein Grund dafür sind, dass es die beiden zwischen Liebeskitsch und Beziehungsklischees pointiert spritzig, witzig und gelegentlich genial banal mit angekündigten Tiefschlägen balancieren lassen. Es sind empathische Alltagsszenen aus einer Beziehung zweier Menschen unterschiedlichen Geschlechts, die für ihre verbale Kommunikation in Buchform und auf der Bühne in der Schweiz und im süddeutschen Raum bekannt sind.

Als Wiedererkennung wahrnehmen

Auch in ihrem siebten Leseprogramm «Endlich erwachsen» nehmen die beiden Eheleute ihren Alltag, mit coolen Pointen und durchspickt mit einer grossen Prise Selbstironie, mit all seinen zuweilen Banalitäten, halb Deutsch, halb Mundart, aufs authentische Korn und sticheln hemmungslos unverblümt über die subtilen Tücken im alltäglichen Zusammenleben. Wobei als eine Art Einstieg in den Leseabend Schreiber «erwachsen» umdeutete in «er muss noch wachsen». Es war der Anfang von vielen Seitenhieben, welche Schneider galten, bei dem tatsächlich in den Performances immer wieder etwas jugendliche Schlitzohrigkeit durchdrückte. Schreiber und Schneider, ein echtes Paar mit echten zwischenmenschlichen Konflikten, die wir als Wiedererkennung wahrnehmen und die den Besuchenden fast zwei Stunden lang einen Spiegel als Identifikation vorhalten.

Sie improvisieren drauf los

Schnell ist das Ehepaar, das unterdessen fast Kultstatus erreicht hat, als routinierte Performer warmgelaufen und läuft bald zu Hochform auf. In Form eines verbal spöttischen Schlagabtausches, in Abwechslung mit Lesungen aus ihren Kolumnen, improvisieren sie mit spontanen Einwürfen zuweilen drauf los und sorgen mit ihren innerehelichen Wortgefechten für ein amüsantes abendliches Vergnügen.

Das Erfolgsrezept der als Kleinunternehmen funktionierenden Familie fusst auf einer einfachen Basis: Ein Familienteil schimpft über eine bekannte Gegebenheit seines Gegenübers aus dem ­Alltag, der dann postwendend mit kabarettistischem Flair charmant und humorvoll kontert. Sie macht sich über seine im Vergleich zu ihr geringere Körper­grösse lustig, er kontert mit: «Früher war ich grösser, aber ich bekam halt immer eins aufs Dach.» Mit solchen Seitenhieben aus ihrem realen Beziehungsalltag, erzeugen sie Heiterkeit und amüsante Wärme und vergessen dabei nicht, gelegentlich das Publikum in den Performances einzubeziehen. Ein zwar einfaches Rezept, aber in Zeiten von digitalen Errungenschaften ein wohltuendes warmherziges Vergnügen in Stubenatmosphäre, das ein dankbares Publikum nach einer Kolumne-­Zugabe in die Sissacher Nacht entliess.

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