Ortschaften behalten ihre Identität
Gemeindefusion Arisdorf und Hersberg legen einen Fusionsvertrag vor – im September wird abgestimmt
Seit Jahren oder gar Jahrzehnten arbeiten die Gemeinden Arisdorf und Hersberg zusammen. Bei der Schule, beim Zivilschutz, bei der Spitex, bei der Feuerwehr. Neue Reglemente werden seit einiger Zeit möglichst gleich lautend formuliert. Arisdorf besorgt zudem die Gemeindeverwaltung und den Werkhof als Dienstleistung für Hersberg. «Die Zusammenarbeit ist ausgeschöpft», sagt Dieter Pfister von der «dp Dienstleistungen Gmbh».
Als externer Projektleiter der geplanten Gemeindefusion präsentierte er am Montag den Fusionsvertrag, gemeinsam mit Roger Schaub, Vize-Gemeindepräsident von Arisdorf, und Iris Allenspach, Gemeindepräsidentin von Hersberg. Am 20. September werden die Gemeindeversammlungen darüber abstimmen. Sagen beide Gemeinden zu und bestätigen den Entscheid an der Urne, dann tritt die Gemeindefusion am 1. Januar 2025 in Kraft.
Die neue, zusammengeschlossene Einwohnergemeinde wird – als politische Verwaltungseinheit – den Namen «Arisdorf» tragen. Als Ortschaften behalten Hersberg und Arisdorf jedoch weiterhin ihre bisherigen Namen, ebenso die Postleitzahlen und Strassenbezeichnungen. Einzig auf den Ortschaftstafeln wird unterhalb von «Hersberg» in Klammer «Gemeinde Arisdorf» ergänzt. Ihre Wappen behalten die Ortschaften ebenfalls, jedoch wird im amtlichen Schriftverkehr das Wappen der neuen, fusionierten Gebietskörperschaft benutzt: dasjenige der bisherigen Einwohnergemeinde Arisdorf. «Beide Ortschaften werden ihre kulturellen Eigenheiten behalten», ist Roger Schaub überzeugt. Solange die Bevölkerung die Anlässe, die jetzt stattfänden, mittrage, würden diese auch weiterhin stattfinden, ja, es könnte durch die Fusion sogar Neues entstehen.
Nicht viele Gemeinden können mit so wenig Aufwand fusionieren
Der neue Gemeinderat wird voraussichtlich aus fünf Mitgliedern bestehen, wie das beim bisherigen Gemeinderat von Arisdorf der Fall ist. Wahlkreise sollen nicht eingeführt werden, somit spielt es keine Rolle, wo die Kandidierenden wohnen. Würden die Sitze nach Ortschaft zugeordnet, hätte Hersberg aufgrund der Bevölkerungszahl einen Sitz zugute – das könnte aber auch einschränkend wirken, wie Dieter Pfister erläuterte. Weiterhin werden in beiden Gemeinden Wahllokale eingerichtet. Angedacht ist, dass die Amtsperiode der bisherigen Gemeinderäte, die bis zum 30. Juni 2024 dauert, bis zum 31. Dezember verlängert wird.
Budget, Steuerfüsse und Gebühren müssen von beiden Gemeindeversammlungen wortgleich genehmigt werden; die Jahresrechnung 2024 wird dann durch die zusammengeschlossene Gemeindeversammlung genehmigt. Bezüglich Verwaltung, öffentliche Aufgaben und Infrastruktur wird es keine wesentlichen Änderungen geben, da alles bereits jetzt auf beide Gemeinden ausgerichtet ist und die Verwaltung durch Arisdorf geleistet wird. «Es gibt nicht viele Gemeinden, die mit so wenig Aufwand fusionieren können», betonte Roger Schaub.
Zunehmender finanzieller Druck spricht für eine Fusion
Die bisherigen Gesamtgemeinderäte von Arisdorf und Hersberg empfehlen einstimmig ein Ja für den Zusammenschluss. «Die Einwohner von Arisdorf und Hersberg rutschen zusammen und gehen gemeinsam in die Zukunft», fasst Roger Schaub die Haltung der Behörden zusammen.
Für Hersberg sind es zum Einen finanzielle Gründe, die für eine Fusion sprechen. Die Steuerkraft ist zwar in beiden Gemeinden vergleichbar, doch Hersberg schreibt in den nächsten Jahren rote Zahlen und 2026 droht gar ein Bilanzfehlbetrag. «Der finanzielle Druck wird grösser und schwieriger zu bewältigen, damit wird auch die Eigenständigkeit langfristig infrage gestellt», kommentierte Iris Allenspach. Ausserdem zahle Hersberg viel Geld an Arisdorf für die Verwaltung und den Werkhof, könne aber nicht mitbestimmen.
Zum Anderen sei die Arbeitsbelastung des Gemeinderats sehr hoch und es sei schwierig, die Ämter zu besetzen, fuhr Iris Allenspach fort. Doch warum sollte Arisdorf unter diesen Umständen fusionieren wollen? «Weil Hersberg stark an uns hängt, hängen wir auch stark an Hersberg», erklärte Roger Schaub: «Wenn Hersberg nicht mehr die Mittel hat, die Leistungen bei uns zu beziehen, dann rumpelt es auch bei uns.»
Durch die Fusion wären Einsparungen von 100 000 Franken möglich, schätzt Dieter Pfister, aufgrund von wegfallenden Sockelbeiträgen, einer halben Personalstelle und weil es nur noch einen Gemeinderat gäbe. Die Steuerkraft liege jedoch unter dem kantonalen Durchschnitt und die Fusion allein würde das strukturelle Defizit nicht lösen: «Es braucht weitere Massnahmen.»
Es gibt auch kritische Stimmen: «Fragezeichen sind offen»
Während es in Arisdorf wenig bis keine Opposition gibt, sind aus Hersberg kritische Stimmen zu vernehmen – an der Infoveranstaltung im März ging es dort heiss zu (die ObZ berichtete), anders als an der Parallelveranstaltung in Arisdorf eine Woche zuvor.
Die Fusion habe einen Nachteil, gibt Iris Allenspach zu: Für ein Referendum würden mehr Unterschriften benötigt und einzelne Gruppierungen im Dorf würden an Bedeutung verlieren.
An der Präsentation des Fusionsvertrags am Montag in Arisdorf waren auch kritisch eingestellte Personen als Gäste zugegen. Sabine Welte, Einwohnerin von Hersberg, vermisst eine transparente Auslegeordnung und ein Ringen um Lösungen. Kritische Fragen seien abgewinkt worden. Sie sei nicht gegen die Fusion, aber es seien noch Fragezeichen offen. Der Wegzug von guten Steuerzahlern aus Hersberg beispielsweise könne sich genausogut wieder umkehren, Voraussagen seien schwierig.
Fusionen selten, aber Zusammenarbeit der Regionen nimmt zu
Einer, der am Montag einen rundum zufriedenen Eindruck machte, war Regierungsrat Anton Lauber, der als zuständiges Regierungsmitglied mit am Präsentationstisch sass. Vor Jahren war sein Konzept der Gemeinderegionen zwar gescheitert, doch inzwischen schreitet die regionale Zusammenarbeit unter den Gemeinden stark voran. Dass Fusionen im Vergleich zu anderen Kantonen im Baselbiet selten sind, führt Lauber unter anderem auf den starken Finanzausgleich und kleine Steuerdisparitäten zurück.
Apropos Parität: Trotz Fusion wird das kleinere Hersberg ein gewichtiges Wort mitzureden haben, ist Dieter Pfister sicher – wenn das Teilnahmeverhältnis an der Gemeindeversammlung so ist wie an den Infoveranstaltungen vom März.