Alles andere als normal
Theater Die Theatergruppe Holderbank führte das Stück «Nid ganz hundert» auf
Die Theatergruppe Holderbank feierte am vergangenen Freitag in der vollbesetzten Mehrzweckhalle eine mitreissende Premiere. Neben ausgefeilten Charakteren gab es viel Körper- und Wortkomik. Das Stück «Nid ganz hundert» überzeugte mit Spielfreude und grossem Körpereinsatz. Die Stückauswahlkommission wählte diese Komödie perfekt auf die zehn Schauspieler/-innen abgestimmt aus und traf mit der Rollenverteilung der Charaktereigenschaften voll ins Schwarze.
Was ist normal?
In diesem humorvollen Stück geht es um Amanda Adalon, Tochter einer reichen Hoteldynastie, die sich in einer schwierigen Situation wiederfindet. Sie steht vor der Herausforderung, Besuch in einer Irrenanstalt zu empfangen, ohne dass dieser merkt, dass er sich in einer solchen befindet. Ihre Mutter meldet spontan einen Besuch an und geht davon aus, dass Amanda in einer luxuriösen Villa lebt – und nicht in einer Psychiatrie. Kurzerhand sollen die Mitbewohner aus Amandas skurriler Wohngruppe nun versuchen, wie «ganz normale Menschen» zu wirken.
Der zwangsneurotische Hans muss den langjährigen Lebenspartner mimen, die wahnhafte Marianne gibt sich als Haushälterin aus, die manisch-depressive Künstlerin Desirée wird zur Freundin des Hauses erklärt, und der menschenscheue Willi soll den ganz normalen Hausmeister spielen. Ein Vorhaben, das natürlich nicht gut geht. Immer mehr ungebetene Besucher tauchen auf, und die Lage eskaliert, als Amandas Mutter schliesslich die Psychiaterin in Gewahrsam nimmt und selbst in eine Zwangsjacke gesteckt wird. Das verrückte Verwechslungsspiel läuft völlig aus dem Ruder – und sorgt für Lacher am laufenden Band.
Die Laiendarsteller/-innen spielten ihre verrückten Rollen mit gewohntem Engagement und konnten sich in ihren Figuren richtig austoben und ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Sie gestalteten liebenswürdige, aber sehr schrullige Charaktere, die mit bestechender Ehrlichkeit die Phänomene unserer Zeit auf die Schippe nahmen. Egal ob Tupperware-Partys oder moderne Kunst – nichts war vor ihnen sicher.
Neben der ausgefeilten Wortakrobatik, bei der Sätze wie «Haben Sie alle Tassen im Schrank?» oder «Keine Schraube locker?» das Publikum zum Lachen brachten, begeisterte die Theatergruppe erneut mit grossartiger körperlichen Darstellung – die Lachsalven des Publikums waren vorprogrammiert.
Am Ende der Vorstellung nahmen die Zuschauer nicht nur ein Lächeln mit auf den Heimweg, sondern auch eine humorvolle Lebensweisheit: «Wer Ordnung hat, ist zu faul zum Suchen.»
Nicht einzelne Schauspieler ragten bei diesem Stück heraus, sondern das gesamte Theaterensemble zeigte eine fantastische Leistung und wagte sich in den komischen Rollen so richtig auszutoben. Regisseur Christoph Borer, der bereits seine zweite Produktion leitete, verlieh den schrägen Figuren mit viel Einfühlungsvermögen und präzisem Timing ihre verrückte Identität. Neben seiner Tätigkeit als Regisseur ist Borer übrigens auch Zauberer und zeigte damit eine ganz eigene «Zauberei» – seine Fähigkeit, die Schauspieler und die Zuschauer gleichermassen zu verzaubern.
Dominik Eggenschwiler, Theatermitglied und gleichzeitig als «Beschäftigungstherapeut» und «Blick-Reporter» auf der Bühne, meinte nach der gelungenen Vorstellung: «Ich bin jedes Mal nervös, weil ich nicht weiss, ob die Aufführung beim Publikum ankommt.» Eine Besucherin fügte anschliessend hinzu: «Der Theaterabend hätte durchaus auch noch länger dauern können.»
Weitere Aufführungen finden statt von Donnerstag, 16. Januar, bis Samstag, 18. Januar, jeweils um 20 Uhr. Vorverkauf: unter www.theatergruppe-holderbank.ch oder Telefon: 079 830 19 89 von 9 bis 12 Uhr.