Späte Rehabilitierung
Heimatdichterin Buch und Ausstellung würdigen das Schaffen von Helene Bossert
Verdientermassen wird, 25 Jahre nach ihrem Tod, die Baselbieter Heimatdichterin Helene Bossert geehrt. Und dies gleich doppelt. Zum einen wird im DISTL, im Dichter:innen und Stadtmuseum Liestal das Leben und Werk der 1999 im Alter von 92 Jahren verstorbenen Helene Bossert mit einer Ausstellung gewürdigt. Zum andern fand die Vernissage zu einem Buch, an dem mehrere Autorinnen und Autoren mitgewirkt haben, statt. Sorgsam aus-gewählte Gedichte aus dem vielseitigen Werk der Dichterin rundeten die Vernissage ab. Vorgelesen wurden diese Gedichte von der Schauspielerin Regula Grauwiler, die aus Liestal stammt.
Ausstellung wie Buch tragen den Titel «Helene Bossert – Heimatdichtung und Hexenjagd». Beide Begriffe umreissen das bewegte Leben der Dichterin, die aus einfachsten Verhältnissen stammte, wie Stefan Hess vom DISTL in seinen einleitenden Worten festhielt. Denn Bossert reiste mit ihrem Mann Ueli Fausch, einem Gewerkschaftssekretär, 1953 zu einer Studienreise in die Sowjetunion. Dies bekam Helene Bossert bald zu spüren. Nicht nur wurde sie verhört, abgehört und schikaniert. Sie verlor, damals eine der bekanntesten Mundartautorinnen der Schweiz, sogar ihre Anstellung beim Schweizer Radio und wurde mit einem Auftrittsverbot belegt.
Sie liess sich nicht entmutigen. Wie schon in jüngeren Jahren veröffentlichte sie ihre Gedichte im Eigenverlag. Sie stiessen auf reges Interesse. Bei den von Grauwiler vorgetragenen Gedichten zeigte sich, wie modern, ja Bosserts Gedichte sind. Auch wenn sie vermeint-lich unscheinbare Feldblumen be-schreibt oder Alltagsereignisse schildert, so lassen sich in einigen Gedichten auch politische Botschaften lesen. Vor allem stösst sich die Heimatdichterin an der ungleichen Behandlung von Mädchen und Frauen. Davon lässt sie sich aber nicht entmutigen, hält sie doch in einem Gedicht fest: «Doch i wett, es chunnt e Zyt/ do sy mer enander gyt.»
Während des Zweiten Weltkrieges war Helene Bossert als Soldatenmutter bekannt geworden. Umso unverständlicher ist, dass sie wegen ihrer Russlandreise geächtet und gar als Landesverräterin bezeichnet wurde. In der Ausstellung im dritten Stock des DISTL sind zahlreiche Briefe und Aktennotizen ausgestellt, die das Ausmass der Denunziation und die Folgen der Ächtung, der «Hexenverfolgung», wie der Titel der Ausstellung es mit umschreibt.
Erst spät wird Helene Bossert rehabilitiert. 1988, mit über achtzig Jahren, erhält sie den Baselbieter Literatur-preis. Sehenswert ist die Ausstellung im DISTL ebenso wie das Buch, erschienen im Verlag des Kantons Basel-Landschaft. Acht Autorinnen und Autoren würdigen darin in zehn Artikeln das Leben und Werk Helene Bosserts. Versehen ist das Buch ausserdem mit zahlreichen Fotos und Dokumenten. Selbstverständlich sind auch einige Gedichte der Heimatdichterin in dem Buch enthalten.
Stefan Hess/Rea Köppel (Hrg.): Helene Bossert – Heimatdichtung und Hexenjagd», Verlag Baselland, 2024.