Mit Spittelers Gedanken ins neue Jahr
Liestal Stadtrat Daniel Muri erinnerte am Neujahrs-Apéro an die Geborgenheit
Was den Wiener Philharmonikern zum Abschluss des Neujahrskonzerts mit dem Radetzky-Marsch als alljährlich gross zelebriertes Tamtam recht ist, sollte auch der Regionalen Musikband mit Dirigent Michael Farner billig sein. Die jungen Bläserinnen und Bläser schmetterten nämlich zum Auftakt des Neujahrs-Apéros den Song «Smoke on the Water» feierlich durch die Amtsstuben des Rathauses und sorgten so nebst dem Baselbieter Marsch für einen emotionalen und feierlichen Start ins neue Jahr. Dazu viel beigetragen haben natürlich auch die auf Einladung des Fahrvereins Baselland rund 40 festlich herausgeputzten Kutschengespanne, die zu ihrem traditionellen Fuhrmanns-Znüni in die Rathausstrasse eingefahren sind. Dabei haben die vom Törli bis zum Regierungsgebäude aufgestellten Kutschen den Kantonshauptort temporär in ein Pferde-Mekka mit Jahrmarkt-Stimmung verwandelt und so eine schöne Kulisse zum parallel stattfindenden Neujahrs-Apéro gebildet. Sollten sich das bunte Treiben im Stedtli an diesem kalten aber sonnigen Neujahrsmorgen und die gelöste Stimmung am Apéro im Rathaus als symbolischer Indikator auf unsere diesjährige Befindlichkeit übertragen, dann wird 2025 ein guter Jahrgang.
Carl Spittelers Werte
Das viele Volk im Stedtli hat sich zum Jahresauftakt nicht nur von den gehaltvollen Denkabstössen von Stadtrat Daniel Muri inspirieren lassen, sondern auch von den Begegnungen mit den nicht alltäglichen Gästen. Dabei haben sich Passanten und «Rösseler» herzhaft zugeprostet, diese oder jene Mähne der geduldig dastehenden Vierbeiner liebevoll gestreichelt und dem Begriff «Begegnungszone» alle Ehre gemacht. Derweil Stadtrat Muri in seiner Kurzansprache in einer «virtuellen Begegnung» aus Anlass seines 100. Todestages an den Liestaler Literatur-Nobelpreisträger Carl Spitteler erinnerte. Mit dem Gedicht «Das bescheidene Wünschlein» lasse Spitteler Werte und auch Unarten erkennen, die in ihrer Gültigkeit noch heute Bestand haben. Da werden Wünsche ausgesprochen, anfänglich bescheiden als Bilderbücher, Farbenschachteln oder Bleisoldaten, mit später deutlicheren Gelüsten nach stolzem Namen, Held oder Feldherr. Am Ende beschränkt sich Spittelers «kindisch Wünschlein» nur noch darauf, zu wissen, wie die Glocke tönte, «die mich ganz am Anfang in den Schlaf gewöhnte». Für Stadtrat Muri ergibt sich daraus in der Konklusion ein Aufruf zur Bescheidenheit, dem Wunsch nach Geborgenheit und zur Frage, wo wir uns zu Hause fühlen. «Und da ist Liestal, wo wir uns am Ton der Glocken an die Kindheit erinnern dürfen, ein guter Ort!» Nach Muris Exkurs in die Spitteler-Literatur und den gegenseitigen Glückwünschen mit der Bevölkerung ging’s hinaus auf die Rathausstrasse zum traditionellen «Foto-Shooting» mit den Pferden. Und da hat der Departementsvorsteher Hochbau/Planung angedeutet, dass er auf dem Bock einer Kutsche die Zügel der Pferde genau so fest in den Händen halten kann wie diejenigen beim Regieren.