Blindes Vertrauen ist wegweisend
Tag der offenen Tür Verein für Blindenhunde und Mobilitätshilfen
Unter dem Motto «unsere Hunde helfen» gewährte der VBM (Verein für Blindenhunde und Mobilitätshilfen) Liestal Einblick in sein Schaffen. Anhand von Vorführungen und Ausstellungen in der Ausbildungsstätte im Weideli erlebte das Publikum die eindrucksvolle Zusammenarbeit zwischen Hund und Mensch.
Findet man sich an einem sonstigen Hundeanlass wieder, so geht es jeweils laut zu und her. Hunde bellen, scharren, schiessen unter den Bänken hervor, um den wohl nicht so sympathischen Artgenossen in die Schranken zu weisen. Da verheddern sich gar die Besitzer im Leinengewirr ihrer nervösen Lieblinge. Nicht so bei unseren Helden der Strasse, möchte man die Blindenhunde fast bezeichnen. Es fällt tatsächlich sofort auf – überall Hunde, viele Hunde – und keiner knurrt, keiner der bellt. Die Vierbeiner nehmen einander wahr, schauen sich in die Augen, bewegen kurz die Nase, aber bewahren ihre Haltung, keine Hektik, kein Stress, kein Laut, aber trotzdem immer wachsam.
Ein Bündel von Verantwortung
Dies ist wohl auch die zentrale Eigenschaft, welche ein Blindenhund, mit all seinem Bündel an Verantwortung, mitbringen muss, unbedingt. Denn während seiner Arbeit mit seinem sehbehinderten Menschen darf er sich keine Ablenkung, keine falsche Deutung, keinen zweideutigen Hinweis und schon gar nicht grobe Fehler leisten.
Selina Schaffner, Blindenhundinstruktorin, gibt zu bedenken, dass sich nicht jeder Hund für eine solch verantwortungsvolle Aufgabe eignet. Die meisten der am Anlass des VBM anwesenden Hunderassen waren Grosspuddel, Bergier Suisse, Labrador oder Golden Retrievers. Nur Hunde, die in ihrem ersten Lebensjahr in einer Pflegefamilie fürsorglich sozialisiert wurden, dürfen die Ausbildung beginnen. Voraussetzung für die Annahme an einer Schule ist neben einem starken Nervenkostüm auch eine hohe Belastbarkeit. Zudem müssen die Vierbeiner vor allem friedfertig, gesund und wesensfest sein.
Bei einer Vorführung wurden die Besucher mit geschulten Hunden durch einen Parcours begleitet, der aufzeigte, auf welche Hindernisse ein Blindenführhund stossen kann und wie er diese überwindet. Ebenso wurde von der Hundeführschule alpha Liestal die Welpenstunde vorgestellt und vermittelte damit einen ersten Eindruck der Arbeit des Blindenführhunde-Nachwuchses.
Ich muss mich auf meinen Hund verlassen können
Und in einem Gespräch mit einer an Makuladegeneration erblindeten Frau wurde klar, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Menschen und Tier mindestens genauso wichtig ist, wie die Ausbildung: «Als Blinde muss ich mich zu 100 Prozent auf meinen Hund verlassen können.»
Sie zeigt auf Zeus, einem prächtigen Königspuddel und konstatiert: «Er ist intelligent, haart nicht, führt sicher, kennt seine Aufgabe.» Als sie im Jahre 2003 das Augenlicht verlor, habe sie sich beim VBM gemeldet. Vor der Übernahme des Hundes sei auch sie geschult worden, sodass sie und ihr tierischer Gefährte zu einem möglichst kompakten Team heranwachsen konnten.
Die Kosten einer Blindenhundausbildung belaufen sich insgesamt auf ca. 62000 Franken, wovon ca. 33000 Franken über acht Jahre in monatlichen Beiträgen von 350 Franken durch die IV an die VBM zurückerstattet werden. Die Differenz wird durch Gönner und Sponsoren abgedeckt. Pikantes Detail zum IV-Anspruch: Jede sehbehinderte oder blinde Person hat grundsätzlich Anrecht auf Blindenhundhilfe durch die IV. Erleidet eine Person jedoch nach dem 65. Lebensjahr eine Sehbehinderung oder wird gar blind, erlischt dieser Anspruch dann, wenn die Person vor Erfüllung des 65. Lebensjahres noch nie Halter eines Blindenhundes war.
Der Anlass war lehrreich, sehr gut organisiert, ausserordentlich informativ und ergreifend. Beeindruckend die Ausstellung in der Kapelle, in der wunderbare Ton- und Holzkunst die handwerklichen Fähigkeiten der Sehbehinderten repräsentierten. Ebenso lobenswert der Restaurationsbetrieb mit hausgemachten Kuchen sowie einem nicht wegzudenkenden Aussengrill für das fachgerechte Zubereiten von Cervelats und Kalbsbratwürsten mit Brot und Senf.