Blindenhunde verdienen grossen Respekt
«Weideli» Die VBM Blindenhundeschule Liestal leistet eine wichtige Arbeit – aber ohne Spenden geht nichts
Ein Blindenhund erfüllt wichtige Aufgaben: Für eine blinde oder sehbeeinträchtigte Person ist er ein treuer und unverzichtbarer Begleiter im Alltag und hilft ihr, ein hohes Mass an Selbstständigkeit zu erlangen. Er schützt sie vor Gefahren und sorgt dafür, dass sie nicht mit Hindernissen zusammenstösst. Fehler darf er sich nicht leisten – beim Überqueren einer befahrenen Strasse geht es je nachdem um Leben und Tod.
Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Ausbildung. Die Blindenhundeschule Liestal ist die zweitälteste Institution der Schweiz, die sich dieser Aufgabe gewidmet hat. Getragen vom VBM Blindenhundeschule Liestal bildet sie pro Jahr rund sieben Blindenhunde aus. Auf dem Areal «Weideli» am Schleifenberg oberhalb des Fraumattquartiers stimmen alle Bedingungen für das intensive Training. Mehrmals pro Woche werden die Hunde, die während der Ausbildungszeit bei Ihren Blindenführhundeinstruktoren leben, von ihren Instruktorinnen und Instruktoren auf verschiedensten Situationen vorbereitet. Sie lernen, mit einer sehbehinderten Person Treppen hochzusteigen, sie lernen Ampeln zu erkennen, sie lernen anzuhalten, wenn ein Objekt auf Kopfhöhe, etwa ein Balken oder ein Mauervorsprung, eine Gefahr für die blinde Person darstellt.
Natürlich wird auch in realen Situationen geübt, also an belebten Orten wie beispielsweise dem Bahnhof. Der Hund muss sich dort voll auf seine Aufgabe konzentrieren können und darf sich nicht von Lärm oder anderen Menschen ablenken lassen.
Am Ende der Ausbildung folgt eine Prüfung, die der Hund bestehen muss. Wenn anschliessend die Chemie zwischen Hund und Mensch stimmt, kommt der grosse Tag der Übergabe. «Das ist immer ein sehr emotionaler Moment», sagt Paolo Vacca, Verantwortlicher für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation. Die zukünftige Halterperson verbringt meistens mehrere Tage auf dem «Weideli», damit sich der Hund an sie gewöhnen kann und damit sie die wichtigsten Grundkenntnisse für den Umgang mit dem Blindenhund erlernt. Die Infrastruktur des «Weideli» mit Seminarhotel, Küche und Garten ist ideal dafür und ermöglicht einen entspannten Aufenthalt. Die Instruktorin oder der Instruktor begleiten den Hund nach der Übergabe noch zum neuen Zuhause, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. Auch darüber hinaus wird das Gespann (Hund und Mensch) vom VBM weiter begleitet und betreut.
Für die Blindenführhunde-Instruktoren sei es natürlich immer schwer, wenn sie den Hund nach rund zwei Jahren gehen lassen müssten, ist sich Paolo Vacca bewusst.
Ein Hund ist acht Jahre im Dienst
Acht Jahre lang bleibt ein Blindenhund durchschnittlich im Einsatz, danach wird er «pensioniert», da sie alt werden und deshalb ihre Arbeit nicht mehr ganz sicher erledigen können. «Natürlich ist und bleibt der Hund ein fester und geliebter Teil der Familie», stellt Paolo Vacca fest.
Eine Besonderheit der Blindenschule Liestal ist, dass sie nicht wie andere Institutionen nur Labradore ausbildet, sondern alle Rassen, vom Pudel bis zum Deutschen Schäfer. Das ist ein Vorteil, wenn es darum geht, einen Hund zu finden, der zu seiner zukünftigen Halterin oder seinem zukünftigen Halter passt.
Rücksicht auf das Persönliche, auf soziale Beziehungen, ist ohnehin etwas, was zur Philosophie der Blindenhundeschule Liestal gehört, wie Paolo Vacca durchblicken lässt. So spiele das Teamwork unter den rund zwölf Mitarbeitenden, von den Reinigungskräften bis zu den Instruktor/-innen, eine sehr grosse Rolle.
Auf Spenden angewiesen
Die Ausbildung eines Blindenhunds ist nicht billig: Bis zu 70000 Franken kostet ein ausgebildeter Blindenhund, wovon die IV einen Teil übernimmt. Der Rest muss über andere Wege gedeckt werden. «Deshalb sind wir stark auf Spenden angewiesen», betont Paolo Vacca. Schliesslich sei das Ziel in Zukunft zehn Blindenhunde pro Jahr an blinde oder sehbehinderte Personen abzugeben. Ein Teil der Räumlichkeiten werden zwar vermietet und die Seminarräume könne auch privat gebucht werden, etwas für Familienfeiern oder Geschäftsanlässe. Diese Einnahmen seien aber im Verhältnis zu den laufenden Kosten ein Tropfen auf dem heissen Stein, so Paolo Vacca – ohne Spenden gehe nichts.
Sehen, wie das Geld verwendet wird
Seit Paolo Vacca im Januar die Verantwortung für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation übernommen hat, arbeitet er daran, die Philosophie der Blindenhundeschule Liestal bekannter zu machen und ihr Profil zu schärfen. Auch das «Weideli» als Gelände soll bekannter werden. Sobald es die Pandemie-Situation wieder zulässt, werden wieder Anlässe stattfinden, damit die Spender/-innen klar und transparent sehen, wofür ihr Geld verwendet wird. Einblicke in das Training und festliche Bewirtung im schönen Weideli-Gelände sollen ihnen etwas zurückgeben – und gleichzeitig auch neue Spender/-innen motivieren, sich finanziell für diese gute Sache zu engagieren. «Wir hoffen auf das hörende Herz der Menschen», sagt Paolo Vacca.
Persönlich habe er grössten Respekt vor den Blindenhunden: «Es ist eindrücklich, was sie leisten.» Paolo Vacca betrachtet seine neue Rolle als Öffentlichkeitsverantwortlicher der Blindenhundeschule Liestal als grosse und tolle und grosse Herausforderung: «Es ist mit sehr viel Wertschätzung verbunden und ich bin voller Dankbarkeit.» Auf dem «Weideli» bewegt sich eine ganze Menge und Paolo Vacca ist zuversichtlich, dass die hohen, aber realistischen Ziele erreichbar sind.
Autismus-Hilfe: Vertrauenshunde
Die Blindenhundeschule Liestal bildet Blindenhunde und Vertrauenshunde aus. Die Blindenhundeprüfung ist sehr streng: nur zwei Versuche sind gestattet. Es kann gut sein, dass ein angehender Blindenhund als Vertrauenshund seinen Abschluss macht und einen neuen Partner erhält. Personen mit einer autistischen Wahrnehmung finden in einem Vertrauenshund einen Begleiter, der ihnen Sicherheit gibt, beispielsweise wenn sie es sich nicht zutrauen alleine nach draussen zu gehen und Menschenmassen zu begegnen. In einen Dankesbrief beispielsweise schilderte kürzlich eine betroffene Personen, wie sie dank des Hundes zum ersten Mal einen Supermarkt besuchen konnte.