Walderlebnis mit Geschichte und Geschichten

Gelterkinden Sonntagsspaziergang mit Anekdoten und Baselbieter Eintopf

Mittagessen bei der Stierenstall-Hütte.

Mittagessen bei der Stierenstall-Hütte.

Eine grosse Rotte wie am Banntag. Fotos: B. Eglin

Eine grosse Rotte wie am Banntag. Fotos: B. Eglin

Feiner Baselbieter Eintopf.

Feiner Baselbieter Eintopf.

Etwa hundert Personen folgten am letzten Sonntagmorgen der Einladung zum Waldspaziergang zur Stierenstall-Hütte. Organisiert wurde der Anlass von der Unterhaltsgruppe der IG Walderläbnis. Diese ist auch zuständig für den Unterhalt des Gelterkinder Walderläbnispfades. Christine Mangold war bei der Begrüssung «überwältigt vom grossen Aufmarsch» und sie zeigte ihre Freude. An mehreren Stellen informierten ortsansässige Fachleute über die Geschichte von Gemeinde und Wald.

Viehtrieb durch den Chöpfliweg

Beim ersten Halt informierte der ehemalige Förster Andreas Freivogel über die grosse Bedeutung des Chöpfliweges als wichtige Verbindung zur Erschliessung des Waldes. Der Weg ist mit 14 Metern aussergewöhnlich breit. Er war stets gut unterhalten und immer zugänglich für Fuhrwerke mit Holzfuhren. Auch für den Viehtrieb auf den Berg wurde der Weg genutzt. Im Dorf trieben die Leute ihr Vieh bis zum Gatter zusammen. Dann wunden sie in den Weg getrieben, der noch heute von einem beidseitigen Lebhag gesäumt ist. So liefen die Tiere selbstständig in die Höhe. Im Winter wurde der Weg zum Schlitteln genutzt, «ausser, wenn ihn Galbarini für seinen Rennbob beanspruchte», erzählte Freivogel! Der Chöpfliweg wurde vor 80 Jahren unter kommunalen Naturschutz gestellt.

Entstehung der Schule in Gelterkinden

Beim Gelterkinder Berg erzählte Ernst Rüedi mit Blick auf die Schulanlage über die Entstehung der Schule in Gelterkinden. Vor 1809 war man noch Basler Untertanenland. Es gab bereits eine Art Schulunterricht. Er galt aber als absolute Nebensache. Vermögende Leute sollen sogar gesagt haben: «Man sei auch ohni Schuel in Himmel kommen.» Die Lehrer wurden damals gering geachtet und gering besoldet. Nebenbei hatten sie verschiedene Nebenverdienste, um über die Runden zu kommen. Das heutige Marabu an der Schulgasse war das erste richtige Schulgebäude. Bis 1954 wurden mehrere Schulhäuser gebaut. Sie wurden aber wegen des starken Bevölkerungswachstums immer wieder zu klein.

Aufforstung und Gruben

Andreas Freivogel erklärte die Bedeutung der Aufforstung Rüttenen. Dort gab es sehr wertvollen Boden, der lange landwirtschaftlich genutzt wurde. Später wurde das Land armen Leuten für ihre Gärten zur Verfügung gestellt. 1875 – 80 wurde die Fläche von ca. drei Hektaren angesetzt. Heute ist es ein schönes Waldstück. Mit fünf Hektaren ist die Aufforstung Kipp am grössten.

Im Gelterkinder Wald gibt es 14 Gruben, die mehrheitlich wieder aufgefüllt wurden. Zum Auffüllen wurden die verschiedensten Materialien verwendet. In einer liegt der Abbruch eines Hauses. Es wird auch erzählt, dass beim Tunnelbau Schwarzarbeiter beschäftigt wurden und tödlich Verunfallte sollen in einer der Gruben liegen!

Kuri Wirz kennt sich mit dem lokalen Flurnamenbuch aus. «In der Eigen» bedeutet, dass der Grund privat war und «Gmeiniacher» bezeichnet die Allgemeinverfügbarkeit von Land.

Auf dem «Zimmerplatz» lagerten die Zimmerleute ihr Holz. «Uf dr Leiere» spielte niemand schöne Leiermusik. Der Begriff steht für Grabhügel und ist eher frühmittelalterlich als römisch. Gefunden wurden die Gräber aber nie. Die Ergolz hat indogermanische Wurzeln und bedeutet «die Glänzende». Eiholde kommt von Eiche und was mit «matt» endet, hat mit einem Bach zu tun. Ein «Ischlag» ist kein Blitz, sondern ein umzäumtes Gebiet. Die meisten Namen stammen aus dem Alemannischen. Wirz stellte fest, dass traditionelle Flurnamen verschwinden, da immer weniger Leute mit der Flur zu tun haben.

Am Ziel, bei der Stierenstall-Hütte, zeigten Christine Mangold und Andreas Freivogel, mit welchem Werkzeug früher gearbeitet wurde. Windebrittli, Garbeseil, Dreifach-Musfalle, Schleifhogge für Baumtransport mit Pferd, dreizackige Brombeerenhacke, Spaltaxt, Amerikaneraxt, Spazierstock mit Massstab, Stockbüchse zum Sprengen von Baumstöcken mit Schwarzpulver, Stecken mit Metallwiderhaken zum Lockern des Heustocks zeigten, dass es auch ohne Strom und Maschinen geht. Dann wurden die hundert hungrigen Wanderer mit Enzo Rudins Baselbieter Eintopf verpflegt. Platz hatte es genug – in der Hütte am Feuer oder draussen auf Festbänken und an Stehtischen.

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